Argentinien

Von Valparaíso fuhr ich mit dem Bus nach Mendoza in Argentinien und konnte w?hrend der 8-stündigen Fahrt über die Anden steile Berge, tiefe Canyons und weite, karge Hochebenen bewundern. Die Passüberquerung war besonders spannend. Mühelos schlengelte sich unser Bus in Haarnadelkurven den Berg hinauf und auf der anderen Seite wieder hinunter. Die Fahrt führte an mehreren Sechstausendern vorbei, auch am Aconcagua, der mit 6961 m der h?chste Berg au?erhalb von Asien ist.

Die Passüberquerung in den Anden
Menschenleere Wüsten

Bei der Ankunft in Argentinien fielen mir zwei Umst?nde besonders auf: Zum einen fühlte ich mich wegen der hellh?utigen Menschen und der europ?ischen Architektur wie in Europa und zum andern waren die Preise wegen der starken Inflation sehr günstig. Die Argentinier stammen gr??tenteils von europ?ischen Einwanderern ab, die Ende des 19. Jahrhunderts nach Argentinien kamen, wobei die meisten Einwanderer aus Italien und Spanien stammten. Zusammen mit den indigenen Einflüssen der Inka ergibt das eine sehr interessante Mischung von Kulturen. Der italienische Einfluss ist jedoch am auff?lligsten. ?berall findet man Pizza und Pasta, das helado (Eiscreme) gilt als eines der besten weltweit und ein sehr beliebtes Getr?nk ist Fernet mit Cola. Auch die Weinkultur wurde von den Italienern gepr?gt. Zwar wurde um Mendoza schon vor Ankunft der Einwanderer Wein angebaut, jedoch in gro?en Mengen und von schlechter Qualit?t. Erst die Italiener brachten die Traditionen der Weinherstellung nach Argentinien und gründeten viele der heute bestehenden Weingüter. Au?erdem f?llt in Gespr?chen mit Argentiniern auf, dass sie die gleichen ausdrucksstarken Gesten wie Italiener benutzen und im Englischen klingt auch der Akzent (besonders der Einwohner von Buenos Aires) Italienisch. Im Gegensatz zu den sch?nen Landschaften und der positiven Lebensart der Argentinier steht die kriselnde wirtschaftliche Lage des Landes. Schon 2001 befand sich Argentinien in einer enormen Finanzkrise, damals war das gesamte Land bankrott. In den folgenden Jahren hat es sich ein wenig erholt, doch in letzter Zeit geht es wieder in schnellen Schritten bergab. Im April war 1 Euro noch 40 Pesos wert und im Mai hat man für 1 Euro schon 50 Pesos bekommen. Gewohnheitsgem?? vertrauen die Argentinier ihrer W?hrung nicht und t?tigen deswegen ihre Spareinlagen in Dollar, am besten in ausl?ndischen Banken. Das hilft der argentinischen Wirtschaft natürlich auch nicht. Ein Tourguide spa?te, dass wir ihn in jeder W?hrung au?er dem venezuelanischen Bolívar und der türkischen Lira bezahlen k?nnten, da alle W?hrungen bis auf diese zwei stabiler seien als der argentinische Peso. Es war bewundernswert, wie humorvoll die Argentinier mit ihrer wirtschaftlichen Lage umgingen. Als ich einen jungen Argentinier darauf ansprach, meinte dieser, dass sie einfach nichts anderes gewohnt seien. Er fand es eher bemerkenswert, dass ich keine Inflation kennen würde.

Was in Argentinien noch auff?llt, ist eine omnipr?sente Fu?ballbesessenheit, wie ich sie in noch keinem anderen Land erlebt habe. In jedem Restaurant und jedem Café l?uft ein Fernseher mit Fu?ball und die gro?en Nationalhelden sind Messi und Maradona, wobei die Verehrung für Maradona noch gr??er ist. Bei meinem Spanischkurs in Buenos Aires haben wir am ersten Tag geübt, sich vorzustellen: „Aus welchem Land kommst du?“ – „Ich komme aus Deutschland.“, „Aus welcher Stadt kommst du?“ – „Ich komme aus Halberstadt.“, „Von welcher Mannschaft kommst du?“ – „Mannschaft? Ich habe keine Mannschaft.“ Da wurde ich direkt belehrt, dass ich das in Argentinien nicht sagen dürfe. Mein Lehrer empfahl mir, ein kleines unbedeutendes Team zu nennen, wenn ich die Fu?ballkonversation beenden wollte, denn über die gro?en deutschen Teams h?tten die Argentinier wahrscheinlich etwas zu sagen. Okay, dann also Germania Halberstadt.

Eine Pizzeria in Buenos Aires
Heiligenartige Darstellung von Maradona in Buenos Aires im Viertel La Boca, für dessen Fu?ballverein Boca Juniors er in jungen Jahren spielte

In Mendoza habe ich drei Tage verbracht. Die Stadt wurde 1861 durch ein Erdbeben komplett dem Erdboden gleich gemacht. Beim Wiederaufbau entstand eine geplante Stadt im Schachbrettmuster und es wurden breite Alleen und gro?e Plazas angelegt, um die Stadt erdbodensicherer zu machen. Au?erdem wurden viele mediterrane B?ume gepflanzt. Das alles macht Mendoza ganz hübsch, aber ich fand es eher langweilig. Ich bevorzuge chaotische, historische St?dte wie Valparaíso. Mendoza ist für seinen Rotwein Malbec bekannt und für mich als Liebhaberin von schweren trockenen Rotweinen war die ganzt?gige Tour durch die Weinberge das absolute Highlight. Wir waren zu viert in einem Van unterwegs, haben 4 Weingüter besucht und insgesamt 19 Weine verkostet. Der Guide hatte vorher schon angekündigt, dass wir pro Weingut 3 bis 4 Weine probieren würden und deswegen habe ich vorsorglich von Anfang an die Wei?weine ausgespuckt. Auch bei den Rotweinen habe ich gro?zügig ausgespuckt, was mich nicht total begeistert hat (das waren allerdings nicht viele Weine). Wir sprengten am Ende die geplante Anzahl von Weinen, weil die übermotivierte Führerin vom letzten Weingut uns mit leeren Gl?sern von Fass zu Fass führte und wir die Weine direkt vom Zapfhahn verkosteten.

Weingut in Mendoza

Noch wichtiger als Wein ist in Argentinien jedoch der Mate Tee. Die Argentinier trinken dieses Gebr?u den ganzen Tag und schleppen überall ihre Thermoskanne mit hei?em Wasser und ihren Matebecher mit integriertem Strohhalm herum. Ich fand dieses bittere, nach Gras schmeckenden Getr?nk echt eklig, aber es ist ein nettes Ritual, den Becher in der Runde herum gehen zu lassen. Je ?fter man die Kr?uter mit Wasser aufgie?t, desto weniger bitter wird der Tee. Neben Mate sind die Argentinier au?erdem verrückt nach Dulce de leche, einer extrem sü?en Karamell-Sauce, die sich in jedem sü?en Geb?ck versteckt. Diese Leidenschaft konnte ich auch nicht nachvollziehen. Das Rindfleisch Argentiniens wird jedoch zurecht gelobt. In den drei Wochen in Argentinien habe ich wahrscheinlich mein K?rpergewicht in Steaks verdrückt und kam mir manchmal ziemlich feudal vor, wenn ich in schicken Restaurants hochqualitatives Rinderfilet (mit Wein und Dessert) für 15 verspeist habe. Zum Mittag habe ich oft Empanadas gegessen – das sind mit Rind, H?hnchen oder K?se gefüllte Teigtaschen. Super lecker! Aber mein Soll an rotem Fleisch habe ich für dieses Jahr erfüllt.

Leckere Empanadas!

Von Mendoza fuhr ich mit dem Nachtbus weiter nach Córdoba. Diese Busse sind ganz cool. Wenn man full-cama (cama = Bett) bucht, reist man in einem ziemlich bequemen, breiten Ledersessel mit Fu?stütze, dessen Lehne man auf ca. 30° Grad zurücklehnen kann. So konnte ich auch ohne Schlaftablette ziemlich gut schlafen. Córdoba ist die zweitgr??te Stadt Argentiniens und Sitz der ?ltesten Universit?t Südamerikas. Mit seinen sieben Universit?ten und somit gro?er Anzahl von Studenten herrscht in Córdoba eine besondere Stimmung. Hier wird besonders viel Fernet mit Cola getrunken und die jungen Leute tanzen zu Cuarteto-Musik – argentinischer Pop, der in Córdoba erfunden wurde. Ich hatte die Ehre, den Tanz zusammen mit unserem Tourguide vorzuführen… war ganz witzig.

Plaza San Martin in Córdoba

Mein n?chster Stopp war Salta im Norden von Argentinien. Der Inflation sei Dank konnte ich super günstig fliegen (für 35 !). Hier sah es schon anders aus als im Rest von Argentinien. In den Gesichtern der Menschen war der indigene Einfluss der Inka deutlicher sichtbar und die Stadt wirkte insgesamt ?rmlicher, war aber trotzdem echt hübsch. Salta liegt in einem Tal an den Ausl?ufern der Anden, über welche man vom Hügel San Bernardo einen sch?nen Ausblick hat. Das Museo de Arqueología de Alta Monta?a zeigt eine sehr interessante Ausstellung über die Inkakultur, welche sich auf Kinderopfer konzentriert, die auf den h?chsten Gipfeln der Anden dargebracht wurden. 1999 wurden auf dem Gipfel des Vulkans Llullaillaco drei mumifizierte K?rper von Kindern entdeckt. Im Wechsel von 6 Monaten wird jeweils eine dieser Mumien hier ausgestellt. Von Salta aus kann man verschiedene Ausflüge in die Umgebung machen. In den unendlichen Wüsten finden sich hohe Berggipfel, rote und zum Teil regenbogenfarbene Felsformationen, unz?hlige meterhohen Kakteen und frei laufenden Guanokos (wilde Lamas) und Vicu?as (wilde Alpakas). Wir sind zu den Salinas Grandes (gro?e Salzpfannen) und nach Purmamarca mit dem Cerro de los Siete Colores (Hügel der Sieben Farben) gefahren. Auf dieser Tour war ich mit einer deutschen Freundin, die ich in Valparaíso kennen gelernt hatte, und mit einem Iren unterwegs.

Street Art in Salta: Darstellung einer indigenen Frau mit Kakteen und Lama
Rissige Fassaden und verlassene Stra?en
Stereotypische meterhohe Kakteen – so stellt man sich Argentiniens Wüsten vor!
Cerro de los Siete Colores in Purmamarca
Unendliche Weiten auf mehreren Tausend H?henmetern. Am Ende des Tages hatte ich leichte Kopfschmerzen.
Die Salinas Grandes – im Vergleich zur Salzwüste in Uyuni in Bolivien jedoch eher klein sehr
Ein bisschen Herumalbern in der Mondlandschaft

An einem anderen Tag bin ich von Salta südw?rts nach Cafayate gereist. Cafayate ist neben Mendoza die zweitwichtigste Weinregion Argentiniens. Hier wird vor allem der Wei?wein Torronté angebaut. Für einen Wei?wein war er nicht schlecht, aber ich bevorzuge definitiv den Malbec aus Mendoza. Hier lernte ich ein Mutter-Tochter-Paar aus Buenos Aires kennen, die ich sp?ter auch besuchte.

Auf dem Weg nach Cafayate
Weinreben in den Bergen
Faszinierende riesige rote Felsformationen…
… lie?en mich winzig fühlen.

Von Salta ging es weiter nach Buenos Aires, wo ich einen einw?chigen Spanisch-Sprachkurs gebucht hatte. Eine nette ?berraschung war, dass ich statt der gebuchten 20 Stunden in einer Klasse 10 Einzelstunden für den gleichen Preis bekam, da ich die einzige komplette Anf?ngerin war. Dank meiner Franz?sisch- und Lateinkenntnisse konnte ich mir am Ende der Woche beim H?ren vieles zusammenreimen, wenn jemand langsam und deutlich sprach. Das war natürlich nur bei meinem Spanischlehrer der Fall, denn die Leute im Alltag sprachen schnell und undeutlich. Au?erdem klingt das argentinische Spanisch sehr eigen und selbst manche Spanier sollen Probleme haben, die Argentinier zu verstehen. In der Realit?t sah es also so aus, dass ich stolz mit einer zurecht gelegten Frage an die Einheimischen herantrat und dann die Antwort nicht verstand.

Mond?nit?t in Argentiniens Hauptstadt Buenos Aires

Buenos Aires ist wirklich eine spannende Stadt und wird zurecht als das „Paris Südamerikas“ bezeichnet. Das liegt an den vielen europ?isch gepr?gten imposanten Geb?uden, welche Ende des 19. Jahrhunderts von den regierenden Oligarchen errichtet wurden, um zu demonstrieren, dass Argentinien mit den führenden L?ndern Europas mithalten konnte. Die meisten dieser historischen Geb?ude befinden sich um Zentrum der Stadt. Zentraler Platz ist der Plaza de Mayo, wo Kundgebungen und Demonstrationen abgehalten werden. Jeden Donnerstagnachmittag seit 1977 kann man hier die Madres (Mütter) de la Plaza de Mayo beobachten. Argentinien litt von 1976 bis 1983 unter einer Milit?rdiktatur, in welcher ca. 30.000 Menschen „verschwanden“, d.h. ermordet wurden. Die Madres de la Plaza de Mayo waren die Mütter der Verschwundenen, welche zu den wenigen mutigen Menschen geh?rten, die ?ffentlich protestierten und Informationen über den Verbleib ihrer Kinder einforderten. Das Versammlungsverbot von mehr als zwei Leuten umgingen sie dadurch, dass sie eingehakt in Paaren um den Obelisken in der Mitte des Platzes marschierten. Unter den Verschwundenen waren ca. 500 schwangere Frauen, deren Kinder nach der Geburt von den Milit?rs zwangsadoptiert wurden. Die Gro?mütter dieser verschwundenen Kinder k?mpfen als Abuelas de la Plaza de Mayo bis heute für die Identifikation ihrer Enkel. Sie bewirkten die Einrichtung einer DNA-Datenbank, in der sich 36- bis 43-J?hrige testen lassen k?nnen. Vor einigen Wochen wurde so Enkelin Nr. 129 in Spanien gefunden. Die Madres und Abuelas de la Plaza de Mayo demonstrieren auch heute noch für die Aufkl?rung der Milit?rverbrechen und gegen Menschenrechtsverletzungen (von den ursprünglichen Teilnehmerinnen sind noch 8 Frauen am Leben und aktiv). Ihr Symbol ist das wei?e Kopftuch, welches man überall in Argentinien auf den Boden gemalt findet.

Plaza de Mayo – Der Name bezieht sich auf die Mai-Revolution im Jahr 1810, die zu Argentiniens Unabh?ngigkeit führte.
Die mutigen Madres de la Plaza de Mayo k?mpfen bis heute für Freiheit und Gerechtigkeit.

Neben dem Zentrum gibt es in Buenos Aires noch andere Viertel, die sich sehr stark voneinander unterscheiden. Im Norden der Stadt liegen das hippe Palermo und das wohlhabende, konservative Recoleta. Im Süden und „wahrem Buenos Aires“ lebt die Arbeiterklasse in den Vierteln San Telmo und La Boca. Palermo ist ein bunter Stadtteil mit viel politischer Street Art, grünen Parkanlagen und trendigen Restaurants und Bars. Hier konzentriert sich das Nachtleben von Buenos Aires.

Street Art im hippen Palermo
Ein Fu?ball spielender Stra?enjunge als Symbol für die Stra?en von Buenos Aires

Mein Hostel und meine Sprachschule lagen in Recoleta, meiner Meinung nach das langweiligste Viertel von Buenos Aires, da es in jeder beliebigen europ?ischen Gro?stadt h?tte liegen k?nnen. Aber wenigstens konnte ich mich hier ohne Angst am Abend bewegen, da ich zuvor oft vor den unsicheren Stra?en von Buenos Aires gewarnt wurde. Das einzig Spannende in Recoleta war der riesige Friedhof. Dieser Cementorio ?hnelt einer Totenstadt, in der man sich in den Gassen zwischen den über 6.000 Marmormausoleen schnell verlaufen kann. Hier werden seit Ende des 19. Jhrds. die Wichtigen und Berühmten der Stadt begraben, deren Familien sich in Prunk und Reichtum gegenseitig übertreffen wollten, sodass die beeindruckendsten Mausoleen und Statuen entstanden. Auf engstem Raum findet man Kapellen in den Stilen von Gothik, Barock oder Renaissance, griechische Tempel und m?rchenhafte Grotten. Auf einer geführten Tour habe ich tragische und lustige Geschichten über die Verstorbenen geh?rt: von der lebendig begrabenen 17-j?hrigen Rufina; einem sich hassenden Ehepaar, dessen gegenseitige Verachtung man in der Gestaltung des Grabes erkennen konnte und die Geschichte, wie Evitas Leichnam quer durch Argentinien, nach Italien, Spanien und zurück gereist ist. Eva Perón, Evita, war die Ehefrau von Argentiniens Pr?sident Juan Perón und wird bis heute vor allem für ihre karitative Arbeit und ihren Kampf für Frauenrechte verehrt. Sie starb 1952 mit 33 Jahren an Geb?rmutterhalskrebs und ihr Grab in Recoleta ist noch heute mit Blumen und Botschaften geschmückt. Die Peróns sind sehr umstritten. Trotz einiger Recherche konnte ich die Politik von Juan Perón nicht ganz begreifen. Einerseits hat er mit vielen Sozialprogrammen die Situation der Arbeiterklasse verbessert, andererseits trug seine Regierung eindeutig faschistische Züge: er unterdrückte die Presse- und Versammlungsfreiheit und war ein Bewunderer von Hitler und Mussolini. Bis heute ist der Peronismus eine politische Kraft in Argentinien. Die Pr?sidenten von 2001 bis 2015 geh?rten der peronistischen Partei an und da die Argentinier sehr gerne und leidenschaftlich über Politik reden, ist mir dieser Begriff oft begegnet.

Der berühmte Friedhof in Recoleta
Der Geist der versehentlich lebendig begrabenen, jungen Rufina soll einer Legende zufolge in einem langen wei?en Kleid jede Nacht auf dem Friedhof umher wandeln.
Evita’s Grab – hier wurde die Pr?sidentengattin erst 24 Jahre nach ihrem Tod und nach einer langen Odyssee durch verschiedene L?nder beigesetzt.

Mein Lieblingsviertel war San Telmo. Früher war es ein elegantes Viertel, doch nach einer Gelbfieberepidemie im Jahr 1871 zogen die Reichen in den Norden der Stadt ins heutige Recoleta. Die verlassenen H?user wurden in viele kleine Wohnungen unterteilt und an die armen Einwanderer vermietet. Heute findet man hier hübsche verfallende H?user, Kopfsteinpflasterstra?en und Ateliers. Auf dem wundersch?nen Plaza Dorrego herrscht eine seltsame altmodische Stimmung und man kann Tangot?nzer beobachten. Der Tango soll in den 1880er Jahren in den überfüllten Mietskasernen in San Telmo und La Boca entstanden sein. In Argentinien selbst galt der Tanz lange als unanst?ndig, bis der Tango-S?nger Carlos Gardel ihn Anfang des 20. Jhrd. weltweit bekannt machte.

Tango auf dem Plaza Dorrego in San Telmo
Der Reichtum und die Eleganz aus alten Zeiten sind in San Telmo noch zu erkennen.
Heute ist es ein alternatives Künstlerviertel.

In Südamerika war eine der ersten Reaktionen von anderen Reisenden oder Einheimischen, mich vor bestimmten St?dten und Gegenden zu warnen, wenn sie erfuhren, dass ich alleine reiste. Manchmal hatte ich das Gefühl, dass es nur eine Frage der Zeit war, bis ich ausgeraubt werden würde. Vor dem Viertel La Boca wurde ich besonders eindrücklich gewarnt. Ich fuhr mit dem Bus dorthin und die Frau, die ich an der Bushaltestelle nach dem richtigen Bus gefragt hatte, betonte auch nochmal, wie gef?hrlich La Boca sei und dass ich doch lieber nach Puerto Madero fahren solle (ein moderner Stadtteil am Hafen mit schicken Wolkenkratzern). Sie machte sich sogar nochmal die Mühe, sich im Bus durch die Menschen zu mir zu k?mpfen, um mir zu sagen, ich solle mein Bargeld in der Unterw?sche verstecken. Na super. Ich verfolgte die Busfahrt auf dem Handy und wollte so lange wie m?glich sitzen bleiben, um dicht am Treffpunkt der geführten Tour auszusteigen. Das führte dazu, dass ich in der Busgarage landete. Dann bin ich wie ein gehetztes Tier von der Garage zum Treffpunkt geeilt und war erleichtert, als ich im Touristenschwarm des Caminito untertauchen konnte. El Caminito ist mit seinen farbenfrohen Wellblechh?usern die Hauptattraktion von La Boca und ich fand es schrecklich. Neben kitschigen Souvenirs posierten verkleidete Tangot?nzer, Maradona-Double stellten sich für gemeinsame Fotos auf und die Kellner der überteuerten Restaurants rannten den Touristen wild gestikulierend hinterher, um sie in ihr Restaurant zu zerren. Zum Glück haben wir uns mit der geführten Tour auch au?erhalb der Touristenmeile bewegt und das wahre Gesicht von La Boca gesehen. Zwar war die Armut dieses Arbeiterviertels deutlich sichtbar, aber es hat trotzdem charmante Ecken. Au?erdem war es für mich als Geschichtsfreak interessant, denn im ehemaligen Hafen von La Boca kamen die Einwanderer an, die das Land bis heute pr?gen, wobei die ?rmsten der Armen unter schlechtesten hygienischen Bedingungen am Hafen lebten. Wir sind bis zu dem Stadion des Fu?ballclubs Boca Juniors gelaufen, dem St. Pauli von Buenos Aires. Wenn die Fans nicht mit ihren Spielern zufrieden sind, fliegen hier auch gerne Urin-gefüllte Beutel über die K?pfe der Leute hinweg. Trotz des touristischen Caminito hat mich La Boca positiv überrascht und es ist schade, dass man sich das Erleben durch Angst beeintr?chtigen l?sst. Diese unterbewusste Angst sollte mich auch noch in Rio de Janeiro begleiten.

Die berühmten Wellblechh?user von El Caminito
Im Jahr 1882 riefen die aus Genua stammenden Hafenarbeiter im Rahmen eines Streiks die unabh?ngige Republik La Boca aus.
Au?erhalb der Touristenmeile des Caminito ist La Boca ?rmlich und als Viertel mit hoher Kriminalit?t bekannt.

Chile

Die Umstellung vom tropischen Inselparadies der Südsee auf die moderne Zivilisation Südamerikas fiel mir nicht so leicht. Den ersten Schreck erlitt ich im Flugzeug beim Landeanflug auf Santiago de Chile bei der Durchsage des Kapit?ns, dass es 14 °C in der Stadt seien. Damit hatte ich nicht gerechnet. Ich hatte das Flugzeug auf der Osterinsel bei 25 °C bestiegen und trug Flip-Flops an den Fü?en und eine lange Stoffhose. Dann best?tigte sich bei meinem ersten Menschenkontakt auf südamerikanischem Boden, dass ich mit Englisch nicht weit kommen würde. Ich sprach den ersten Flughafenmitarbeiter an, der mir über den Weg lief, um ihn nach ?ffentlichen Verkehrsmitteln zu fragen, um in die Stadt zu kommen. Daraufhin redete er nur erschrocken auf Spanisch auf mich ein. Ich wiederholte einzelne W?rter wie: „Bus? Metro? City center? Centro?“. Aber das half uns beiden nicht weiter. Da habe ich zum ersten Mal auf meiner Reise mein Ohne-W?rter-Buch mit Zeigebildern gezückt und ihm das Bild eines Busses gezeigt. Da verstand er endlich. Aber natürlich war seine Wegbeschreibung auch in eiligem Spanisch genuschelt. Einzelne W?rter wie „links, rechts, Tür Nr. 4“ konnte ich heraush?ren und so habe ich tats?chlich den richtigen Bus gefunden. Von der Bushaltestelle bin ich die 1,2 km zum Hostel gelaufen und habe so meinen Vorsatz, in Südamerika nicht allein im Dunkeln zu laufen, gleich am ersten Abend gebrochen. Aber ich hatte keine Energie mehr, Passanten nach einer Taxihaltestelle zu fragen.

Santiago de Chile – eine wenig spektakul?re westliche Gro?stadt
Plaza de Armas mit der Catedral Metropolitana

In Santiago de Chile verbrachte ich zwei Tage. Die Hauptstadt Chiles wurde von den Spaniern gegründet und hat einen zentralen Platz (von den erobernden Spaniern aufgrund der Funktion als Appellplatz auf Plaza de Armas getauft) mit einer obligatorischen Kathedrale (Catedral Metropolitana). Dieser belebte Platz ist ganz hübsch, auch weil er mit mehr als 100 Honigpalmen sehr grün gestaltet ist, aber ansonsten ist die Architektur Santiagos nicht sehr spektakul?r. Die Bewohner sind stolz darauf, dass das gro?e Erdbeben von 2010 kaum Geb?ude besch?digt hat, aber die massiven, grauen Betonkl?tze sind nicht wirklich sch?n anzuschauen. Man hat versucht, das Stadtbild mit farbenfroher Street Art zu versch?nern. Vor allem das Barrio Brasil hat einige sch?ne Stra?en mit vielen bunten H?usern. Aber im Vergleich zu Valparaíso, das ich danach besucht habe, ist die Street Art in Santiago eher mickrig. Ein weltweit bekannter Street Art Künstler ist Inti Castro, der in Valparaíso geboren wurde, und dessen riesige Kunstwerke überall in Chile und auch in anderen St?dten der Welt zu finden sind. Sein Markenzeichen sind diese puppen?hnlichen Wesen und oft kommen auch Ziegen in seinen Werken vor.

Dieses gro?e Wandgem?lde von Inti Castro in Santiago de Chile repr?sentiert die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft Chiles.

Interessant war Santiago de Chile vor allem als Schauplatz der chilenischen Geschichte, die mir w?hrend einer free walking tour, einer kostenlosen Stadtführung, erl?utert wurde. Wir besuchten den Pr?sidentenpalast, wo Salvador Allende – der erste demokratisch gew?hlte sozialistische Pr?sident weltweit – im Rahmen des Milit?rputsches durch General Pinochet im Jahr 1973 ums Leben kam. Es folgten 16 Jahre Milit?rdiktatur, in der Tausende Menschen verschleppt, gefoltert und get?tet wurden. Erstaunlicherweise sind die Chilenen bezüglich der Pinochet-Diktatur bis heute gespalten, da Chile unter Pinochet einen wirtschaftlichen Aufschwung erlebte. Mir wurde empfohlen, diese Episode im Gespr?ch mit Chilenen nicht sofort anzusprechen, da die Milit?rdiktatur noch immer als Tabuthema gilt. Trotzdem st??t man überall auf Erinnerungen aus dieser Zeit, zum Beispiel in Form von Gedenkparks oder Museen. Weiterhin f?llt eine allgemeine Bewunderung für den Dichter Pablo Neruda auf, den „Goethe von Chile“. St?ndig st??t man auf seinen Namen. „Hier hat Pablo Neruda 5 Jahre lang gewohnt.“ – „Das war eines von Pablo Nerudas Lieblingsrestaurants.“ – „Dieser Künstler X war ein Freund von Pablo Neruda.“ Pablo Neruda war ein sozialistischer Dichter und Senator, der sich gegen den Faschismus in Chile und in Spanien und für das einfache Volk einsetzte und dafür bis heute von den Chilenen geliebt wird. 1971 erhielt er den Literaturnobelpreis.

Der Pr?sidentenpalast spielt eine zentrale Rolle in der jüngeren Geschichte von Chile.

Mein n?chste Station war Valparaíso, eine Hafenstadt an der Pazifikküste, in die ich mich direkt verliebt habe! Die Stadt erstreckt sich über einen flachen Teil und insgesamt 12 Hügel (cerros). Die Einheimischen behaupten, 42 cerros in Valparaíso zu haben, aber dabei handelt es sich nur um verschiedene Stadtteile auf den Hügeln oder unterschiedliche Namen für ein und denselben Hügel. Auf den cerros stapeln sich die H?user aufeinander und unz?hlige Treppen und kleine Gassen führen in andere Ebenen. Weil manche Hügel sehr steil und deswegen zu Fu? oder mit Bus nur schwer zu erklimmen sind, führen historische Standseilbahnen (Ascensores) auf die wichtigsten Hügel. ?berall in der Stadt findet man Street Art in Form von Wandbildern, Grafittis, bemalten Treppen und Mosaiken. Sogar die Müllautos sind bemalt. Ich habe noch nie so eine bunte, verrückte Stadt gesehen! Man kann stundenlang damit zubringen, auf der Suche nach Street Art über die Hügel zu schlendern und kommt dabei aus dem Fotografieren gar nicht mehr heraus. Einige Stadtteile Valparaíos wurden wegen der Street Art sogar zum UNESCO Weltkulturerbe erkl?rt. Und wer war der Initiator dieser Street Art Bewegung? Pablo Neruda. Welch‘ ?berraschung.

Mit der Er?ffnung des Panamakanals verlor der Hafen von Valparaíso stark an Bedeutung.
Einer der cerros der Stadt
Vor allem auf den Hügeln von Valparaíso fühlt man sich wie in einem Freiluft-Kunstmuseum. Besonders sch?n sind der Cerro Alegre und der Cerro Concepcíon.
Neben den Stra?enhunden ist Valparaíso auch für seine Stra?enkatzen bekannt . Au?erdem sind die Ascensores und der Nationaldichter Pablo Neruda (rechts im Bild) hier dargestellt, welcher ein Haus in Valparaíso besa?.
Besonders faszinierten mich die verschachtelten Gassen mit den schiefen, bunten Treppen.
UnKolorDistinto: das Künstlerduo Sammy und Cynthia stellen oft m?nnliche und weibliche K?pfe in ihren Kunstwerken dar.
Das Markenzeichen von Anis, einer Künstlerin der weiblichen Abusa Crew, sind die Farbgradienten in den Gesichtern ihrer Figuren. Oft stellt sie indigene Frauen dar.
Selbst die Müllautos von Valparaíso sind ein sch?ner Anblick.

Neben der Street Art ist Valparaíso auch für seine unz?hligen Stra?enhunde bekannt. Diese kamen im 19. Jahrhundert mit den Bauern in die Stadt und haben sich bis heute massiv vermehrt und geh?ren jetzt zum Stadtbild. In Santiago ist die Situation ?hnlich und hier gab es vor einigen Jahren einen Versuch, die Population der Stra?enhunde zu reduzieren. Man hat sie von der Stra?e gesammelt und eingeschl?fert, wenn sie 14 Tage lang niemand abholte. Aber dagegen wehrten sich die Bürger von Santiago heftig. Sie versteckten die Hunde zuhause und manche attackierten die Mitarbeiter der Tierbeh?rde. Daraufhin stelle die Beh?rde ihre Arbeit ein und nun vermehren sich die Hunde wieder fr?hlich. Sie folgen den Leuten durch die Stadt, fahren mit ihnen Bus und U-Bahn und werden von ihnen fett gefüttert. In Valparaíso wird man auch auf Tritt und Schritt von den wohlgen?hrten, gepflegten Stra?enhunden begleitet. W?hrend einer free walking tour wurde unsere Gruppe von einem besonders treuen Exemplar umkreist und bewacht. Ich fühlte mich wie ein Schaf in einer Schafherde. Als sich ein Bettler unserer Gruppe n?herte und wiederholt nach Geld fragte, wurde er von „unserem“ Wachhund bellend in die Flucht geschlagen. Verrückt wie Hunde den Ablehnung von Menschen spüren. Und noch verrückter, dass sich dieser Hund für uns hilflose Touristen zust?ndig fühlte.

Kunterbunte H?user…
…farbenfroh bemalte Kolonialh?user..
… Bilder, die sich über Treppenstufen erstrecken…
… und bemalte Gel?nder.
Ein sehr Instagram-freundliches Motiv

Auf einer der free walking Touren besuchten wir ein umgestaltetes Gef?ngnis aus Zeiten der Pinochet-Diktatur. Bis 1989 wurde es als Foltereinrichtung genutzt und heute ist es ein Kulturzentrum, in dem sich die Menschen zu Kunst, Tanz, Theater und Yoga treffen. Der ehemalige Hof ist heute ein hübscher kleiner Garten. Ein Ort, der Hoffnung macht.

Garten in einer ehemaligen Foltereinrichtung der Pinochet-Diktatur
Auch vor diesen W?nden macht die Street Art keinen Halt.

Chiles Küche ist sehr herzhaft und fleischhaltig. Ein Klassiker ist zum Beispiel pastel de choclo, ein Maisauflauf mit Hackfleisch UND H?hnchen, Rosinen, Oliven und gekochten Eiern. Sehr lecker! Ein anderes sehr beliebtes Gericht ist Chorrillana, der Herzinfarkt in Form eines Gerichtes: ein Pommesberg mit gebratenem Rindfleisch, gebratenem Zwiebeln und Spiegeleiern. Die Hardcore-Version ist noch mit K?se überbacken. Wir (ein Holl?nder, eine andere Deutsche und ich) haben uns alle drei diese Cholesterinbombe geg?nnt und es hat erstaunlich gut geschmeckt.

Chorrillana, die Light-Version ohne K?se

Chile ist auch für seinen guten Wein bekannt. In der Gegend um Valparaíso gibt es viele Weingüter und ein Mitarbeiter des Hostels hat eine Führung in einer bodega für mich organisiert. Diese bodega lag in Casablanca, einem kleinen Ort au?erhalb von Valparaíso. Um dorthin zu kommen, musste ich einen Bus zum Busbahnhof, den Bus nach Casablanca und ein Taxi zum Weingut nehmen. Eigentlich einfach, aber auf Spanisch war das Ganze doch eine kleine Herausforderung. Ich hatte mir mittlerweile angew?hnt, in einzelnen Worten zu sprechen. Das erwies sich als erfolgsversprechender als Englisch. Also bin ich mit „Estación de autobús?“, „Casablanca?“ und „Bodega Re?“ ziemlich gut ans Ziel gekommen. In der Bodega Re wird der Wein in traditionellen Tonamphoren hergestellt. Eine antike Methode, die weltweit wieder vermehrt genutzt wird, aber unter Winzern und Weinkennern umstritten ist. Ich fand den Wein sehr gut! Nach 5 Gl?sern Wein am Vormittag war der Rückweg nach Valparaíso dann eine noch gr??ere Herausforderung.

Die Bodega Re in Casablanca

Osterinsel

Auf meinem Flug von Tahiti nach Chile hatte ich einen 22-stündigen Aufenthalt auf der Osterinsel, auf polynesisch Rapa Nui. Man bekommt langsam ein Gefühl dafür, wie riesig der Pazifik ist, wenn man nach 7 Stunden Flugzeit aus dem Flugzeug steigt und die Leute so aussehen wie die Maori in Neuseeland oder die Tahitianer. Wie auf Tahiti wird man auf der Osterinsel mit iorana begrü?t, nur dass die Einheimischen, die Rapanui, neben ihrem polynesischen Dialekt nicht Franz?sisch, sondern Spanisch sprechen und einen entsprechenden Akzent haben. Verrückt. Und auch bedrückend, dass die Polynesier auf s?mtlichen Inseln eine andere Kultur aufgedrückt bekommen haben. In Neuseeland haben sich die Briten breit gemacht und das Leben der Maori gepr?gt, in Franz?sisch-Polynesien die Franzosen und auf der Osterinsel die Chilenen. Die Insel wurde 1888 von Chile annektiert und als eine einzige private Schaffarm geführt (die Insel ist nur 24 km lang und 13 km breit). Die Rapanui durften sich bis 1953 nur in Hanga Roa, dem einzigen Ort der Insel, frei bewegen.

Im Gegensatz zu vielen anderen Pazifikinseln f?llt auf der Osterinsel die Küste steil ab (bis zu einer Meerestiefe von 3.000 m), sodass das Wasser tiefblau ist.

Ich habe ehrlich gesagt nicht viel von der Osterinsel erwartet. Was sollte es da au?er ein paar Steink?pfen schon zu sehen geben? Aber die Insel hat tats?chlich etwas Mystisches! Man hat das Gefühl am Ende der Welt zu sein, da das kleine Rapa Nui total isoliert mitten im Ozean liegt. Die chilenische Küste liegt 3700 km entfernt im Osten und Tahiti 4200 km entfernt im Westen (davor liegen in 2000 km Entfernung die Pitcairn Inseln als n?chste bewohnte Inseln). Die n?chste Landmasse im Norden sind die Galapagos Inseln (3800 km) und im Süden die Antarktis (5000 km).

Raue felsige Küsten

Ich habe mir in Hanga Roa einen Roller gemietet und in 2,5 h die komplette Insel umrundet. Die ersten zwei Rollervermietungen wollten mir bei Vorlage meines Führerscheins keinen Roller geben, da man aufgrund der schlechten Stra?en und der Hügel Roller mit 125 ccm Hubraum ben?tigen würde, was mein Führerschein nicht abdeckte. Die dritte Vermietung vermietete mir dann aber einen klapprigen 50 ccm Roller. Bevor ich auf meine Inseltour aufbrach, habe ich an einer Empanaderia gehalten und eine m?chtige Empanada mit Thunfisch und K?se verspeist, die mich bis zum n?chsten Morgen ges?ttigt hat. Auf der Stra?e war ich dann gr??tenteils allein unterwegs. Nur ganz selten kam mir ein Auto oder ein anderer Roller entgegen. Dafür wurde die Stra?e ?fter mal von frei laufenden Kühen oder Pferden versperrt.

Mein Roller war tats?chlich nicht für jeden Untergrund geeignet.
Weit und breit niemand zu sehen…
… nur ein paar von mir wenig beeindruckte Kühe.
Es gab nur wenige Hinweise auf Zivilisation, wie diese einfachen Schilder.

Die Landschaft hatte etwas Magisches. Wie die franz?sisch-polynesischen Inseln ist die Osterinsel ein Vulkan, allerdings fehlt hier das Korallenriff und die Küste f?llt steil ins Meer hinab. Allein zwischen den zerklüfteten Steilküsten, grünen Hügeln und dem indigoblauen Meer wirkte die Insel wie verlassen und vergessen. In dieser einsamen Landschaft wirkten die moai – die berühmten Steinstatuen – schon etwas gespenstisch. Es gibt ca. 890 moai auf der Osterlinsel und man nimmt an, dass sie polynesische H?uptlinge oder Ahnen darstellen. Die genaue Bedeutung ist allerdings bis heute umstritten.

Die 15 stehenden Moai von Ahu Tongariki
Rano Raraku – ein vulkanischer Krater, aus dessen Steinen die Mehrheit der Moai gefertigt wurden.
Das genaue Alter und der Zweck der Moai sind bis heute unklar.

Auch Hanga Roa ist ein besonderer Ort. Einerseits sieht man hier deutlich die spanischen bzw. lateinamerikanischen Einflüsse, andererseits erkennt man polynesische Elemente. So hat mich zum Beispiel die (katholische) Kirche an ein Wharenui, ein Versammlungshaus der Maori, erinnert. Und auch der Supermarkt war eine interessante Fusion aus den beiden Kulturen.

Kirche von Hanga Roa
Ein kleiner Supermarkt

Die Osterinsel hat mich wirklich positiv überrascht und man sollte hier definitiv mehr als 22 Stunden verbringen.

Franz?sisch-Polynesien

Schon eine Stunde nach meiner Ankunft in Papeete auf der Insel Tahiti erwartete mich eine kleine ?berraschung: ich durfte denselben Tag zweimal erleben! Ich bin am Freitag, dem 22. M?rz, um 18 Uhr in Auckland losgeflogen und am Donnerstag, 21. M?rz, 23 Uhr, in Papeete angekommen. So ist das, wenn man die Datumsgrenze rückw?rts überschreitet. Verrückt! Das Lustige daran war, dass das Hostel in Papeete mich vorher per E-Mail gefragt hatte, ob ich sicher sei, dass ich Freitag Nacht ankommen würde, denn die Flüge von Auckland würden immer donnerstags landen. Ich habe meine Buchungsbest?tigung geprüft und geantwortet: „Ja sicher, Freitag, 22. M?rz“. Als ich dann im Hostel ankam, wurde ich mit den Worten begrü?t: „Hallo, du musst Anna sein. Wie wir dir in der E-Mail gesagt haben: heute ist Donnerstag!“ Ups!

In Papeete habe ich drei Tage verbracht. Die Stadt ist schwer zu beschreiben – bizarr trifft es vielleicht. Franz?sisch-Polynesien ist ein Territorium von Frankreich, d.h. die Inseln geh?ren zu Frankreich, haben aber eine eigene W?hrung und eine eigene Regierung. Das Ganze war für mich schwer nachzuvollziehen. Alle Polynesier sprechen Franz?sisch (mit einem witzigen polynesischen Akzent mit gerolltem „R“), viele sogar als erste Sprache. Au?erdem werden die ?ffentlichen ?mter aus der franz?sischen Staatskasse gezahlt. So habe ich zum Beispiel sp?ter auf einer kleinen Insel einen Strandw?rter getroffen, der 1.400 Euro monatlich von Frankreich dafür gezahlt bekommt, dass er an dem winzigen abgelegenen Strand chillt und ich-wei?-nicht-was bewacht. Wenn man die Polynesier jedoch fragt, was sie von Frankreich halten, antworten viele, dass sie die Franzosen nicht m?gen und erw?hnen dabei immer wieder die Atombombenversuche, die Frankreich 30 Jahre lang auf ihren Atollen durchführte und die nicht nur zahllose Polynesier verstrahlten, sondern auch Erdrutsche und einen Tsunami ausl?sten, der mehrere Inseln verwüstete. 1974 kam es auf Tahiti zu radioaktiven Regen, der zwei Tage lang anhielt (die franz?sische Delegation reiste natürlich schnell ab). Für Unabh?ngigkeitsbestrebungen scheint die Abneigung aber nicht auszureichen. Dafür sind die Polynesier wahrscheinlich zu gemütlich bzw. werden sie mit überdurchschnittlich guten Monatsgeh?ltern aus Frankreich unt?tig gehalten. Ich habe im Hostel einen Maori getroffen, der an einer Dokumentation über die Ursprünge der Maori arbeitete und dafür historische St?tten in Franz?sisch-Polynesien besuchte und Einwohner interviewte. (Die Maori stammen von Polynesiern ab, die vor 700 Jahren mit Kanus in Neuseeland ankamen.) Dieser Maori erz?hlte mir, dass viele Polynesier in den Interviews aussagten, dass sie nicht dasselbe kulturelle Bewusstsein bzw. den kulturellen Stolz verspüren würden wie die Maori, sondern eher das Europ?ische in ihrer Geschichte sch?tzten. Die tahitianische Kultur ist wirklich eine seltsame Mischung aus franz?sischer Lebensart und Südseementalit?t und das Verh?ltnis der Einheimischen zu ihren ehemaligen Kolonialherren ist ein Widerspruch aus Nacheiferung und Ablehnung.

Sonnenuntergang am Strand von Mahina, Tahiti

Ein Teil dieser Südseementalit?t besteht darin, dass alles nur so halb funktioniert und sich niemand verausgabt. Ich wollte in Papeete eine halbt?gige Wanderung zu einem Wasserfall machen und habe mir dafür – deutsch wie ich bin – folgenden Plan für den Vormittag zurecht gelegt: 1. zum Rathaus, um die Genehmigung für die Wanderung zu holen und 2. zum Supermarkt und ein Lunchpaket kaufen. Der Plan ist schon in der ersten Etappe gescheitert. Im Rathaus war keine einzige Menschenseele anzutreffen. Ich bin eine ganze Weile durch verlassene Flure und Büros geirrt, bis ich endlich einen Hausmeister auftreiben konnte. Die Verst?ndigung war aufgrund seines tahitianischen Akzents und meiner eingerosteten Franz?sischkenntnisse schwierig, aber schlie?lich fand ich heraus, dass der Wasserfall geschlossen war. Okay, Tagesplanung futsch. Na gut, dann wasche ich eben meine dreckige W?sche, also auf zum Waschsalon. Leider konnte man dort nicht selbst waschen, sondern nur seine W?sche abgeben. Und dafür war es zu sp?t… am Samstag 09:30 Uhr. Die Dame hatte n?mlich nur bis 12 Uhr ge?ffnet und bis dahin würde sie es nicht schaffen und Sonntag h?tte sie natürlich geschlossen. Und nein, andere Waschsalons g?be es in Papeete nicht. Also habe ich beschlossen, ein wenig durch die L?den zu bummeln (und das als Shoppingmuffel!). Aber auch dieser Plan wurde vereitelt, weil 80% der L?den geschlossen waren. Am Samstag Mittag wohlbemerkt. Am Ende habe ich den Tag lesend am Hafen verbracht. Da man in der Stadt eh nichts unternehmen konnte, hatte ich mir für Sonntag eine Unterkunft am Strand, 15 km au?erhalb von Papeete, gebucht. Als mir gesagt wurde, dass sonntags keine Busse fahren würden, war meine Geduld echt am Ende. Meine einzige Option w?re ein Taxi für 40 Euro gewesen, aber das habe ich nicht eingesehen. Und so habe ich meine ersten Erfahrungen als Anhalterin gemacht. Ich stand keine Minute mit meinem Schild und rausgestreckten Daumen am Stra?enrand, da hat ein Pick-up mit einem Mann am Steuer und einem Kind auf dem Beifahrersitz gehalten. Meuchelm?rder kutschieren keine Kinder durch die Gegend, also bin ich leichten Herzens eingestiegen. Der Mann war sehr nett und interessiert und hat mich bis vor die Haustür der Unterkunft gefahren, obwohl er dafür einige Minuten suchen und einen Umweg fahren musste. Diese Freundlichkeit ist auf jeden Fall ein weiterer Aspekt der polynesischen Kultur. Die Menschen l?cheln und grü?en auf der Stra?e, halten auch oft an und wollen wissen, wer du bist, wo du herkommst und was du machst. Wenn ich eine Stra?e entlang lief, haben mehrmals Autos gehalten und angeboten, mich mitzunehmen. Sie sind auch sehr gro?zügig und teilen gern. Sie laden dich zum Essen ein oder verschenken Früchte… oder Fische, je nachdem, was sie gerade dabei haben. Wie in den Gem?lden von Gauguin tragen viele Frauen tats?chlich Blumen in den Haaren und tragen bunte Kleider mit Südseemotiven. Au?erdem ist so gut wie jeder t?towiert, M?nner wie Frauen, manche M?nner fast am ganzen K?rper. Familien sparen traditionellerweise ab der Geburt eines Kindes, damit es sich mit der Vollj?hrigkeit ein gro?es Tattoo leisten kann. Diese stellen oft ganze Familienchroniken dar oder dienen als Schutzgeist. Ich hatte mir in einem Tattoo-Studio auch schon eine kleine Schildkr?te rausgesucht, aber mich am Ende doch nicht getraut. Meine Mama wird sich freuen. Ein weitere Auff?lligkeit war das ?bergewicht bzw. die Fettleibigkeit vieler Polynesier, welche zum Teil genetisch bedingt ist. In den Top Ten der Liste der L?nder mit den schwersten Einwohnern belegen die Pazifikstaaten 8 R?nge. Eine Studie von 2007 stellte fest, dass in Polynesien 70% der Bewohner über 15 Jahre fettleibig sind.

Eine Tanzaufführung in Papeete: der Mann rechts im Bild verk?rpert mit seiner Statur und den traditionellen Tattoos optisch den typischen Polynesier.

Fisch ist ein sehr wichtiger Bestandteil der polynesischen Speisekarte. Ein beliebtes Gericht ist Poisson cru (roher Fisch). Für jeden Sushi-Liebhaber ein Traum! Die tahitianische Variante wird mit Kokosmilch zubereitet, welche aber nicht aus der Dose kommt, sondern durch das Auspressen frischer Kokosraspeln gewonnen wird. Ein weiteres Lieblingsgericht der Polynesier ist Fafaru. Hierzu wird Fisch drei Tage lang in der Sonne in Salzwasser fermentiert, anschlie?end entfernt und es wird nur die stinkige Brühe behalten. In der Brühe serviert man dann den frischen, rohen Fisch. Man l?sst ihn vor dem Essen 3 bis 8 Stunden darin liegen, je nach gewünschter Geschmacksintensit?t. Mir ist das Gericht nicht begegnet, aber mir wurde von anderen Europ?ern gesagt, dass es einfach nur nach verfaultem Fisch schmecken würde. Man kann relativ günstig und ziemlich lecker bei roulottes (Foodtrucks) essen. Dort servieren sie riesige Portionen. Bei meinem ersten Poisson cru dachte ich: „Bei der Menge rohen Fischs bin ich morgen tot, wenn der schlecht ist.“ Aber der Fisch ist natürlich immer superfrisch.

Abendessen bei den roulottes auf der Place Vai’ete in Papeete
Poisson cru à la tahitienne: roher Fisch in Limettensaft und Kokosmilch mit Karotten, Gurken und Ingwer

Seit ich auf der Website workaway.info (eine Jobb?rse, die Arbeit in Austausch für Unterkunft und Mahlzeiten anbietet) ein Jobangebot auf einer Segelyacht gesehen hatte, war ich von der Idee, Franz?sisch-Polynesien auf einem Segelboot zu erkunden, begeistert. Nach der ersten Absage auf workaway.info bin ich pers?nlich bei den beiden Marinas in Papeete aufgeschlagen, um ein Boot zu finden, dass mich in Austausch für Arbeit mitnimmt. Hierbei hab ich John getroffen, einen etwa 60 Jahre alten Australier, der über Fidschi zurück nach Australien segeln würde und auf der Suche nach Crew war. Als er erfuhr, dass ich keinerlei Segelkenntnisse hatte, lehnte er leider ab. Am gleichen Abend lernte ich im Hostel den Brasilianer Felipe kennen, der eine Woche zuvor von Panama über den Pazifik gesegelt kam und nun auf der Suche nach einem Boot nach Australien war. Also habe ich angeboten, ihm John vorzustellen. Am n?chsten Tag sind wir also zusammen zur Marina und als John mich erblickte, rief er aus: „Da bist du ja wieder! Ich hab den ganzen Tag an dich gedacht und mich ge?rgert, dass ich dir abgesagt habe. Hast du noch Interesse?“. Diese Reaktion war mir etwas suspekt und au?erdem stand der erwartungsvolle Felipe neben mir, also meinte ich: „Eigentlich bin ich zurück gekommen, um dir Felipe vorzustellen…“ Aber all die Segelerfahrungen und Zertifikate von Felipe haben ihn nicht interessiert und er meinte ganz unverblümt: „Um ehrlich zu sein, ich brauche niemanden mit Segelerfahrungen, ich kann das Boot allein bedienen. Ich bin einsam und suche eine neue Freundin.“ Iiiiiih! Also habe ich h?flich abgesagt und bin mit Felipe weiter gezogen. Die beiden haben aber Telefonnummern ausgetauscht und am Ende hat John ihn doch mitgenommen.

Die Marina von Papeete

Es gab noch ein Jobangebot auf einer Segelyacht auf workaway.info, von einem Franzosen namens Laurent. Laut seines Profils war er aber schon seit Mitte M?rz auf dem Weg zu den Cook-Inseln und Fidschi. Als letzten verzweifelten Versuch meine Idee des Segelns in die Tat umzusetzen, entschied ich mich, ihm trotzdem zu schreiben. Vielleicht war er ja noch nicht aufgebrochen und ich hatte noch kein Weiterreiseticket, also h?tte ich auch von Fidschi weiter fliegen k?nnen. Also kontaktierte ich ihn und damit hat meine Glücksstr?hne angefangen. Er war noch auf Tahiti und 4 Tage sp?ter haben wir uns auf seinem Boot zum Mittagessen getroffen und sofort gut verstanden. Leider hatte er aber schon eine andere Freiwillige an Bord, die die n?chsten zwei Wochen auf seinem Boot arbeiten würde. Er bot mir an, dass ich zwei Wochen sp?ter von Bora Bora mit zurück nach Tahiti kommen k?nnte. Naja, besser als nichts. Weil ich noch nicht wusste, was ich die n?chsten Tage machen würde, bin ich die Nacht auf seinem Boot geblieben. Am n?chsten Tag hat sich die andere Freiwillige – zu meinem Glück! – dann spontan entschlossen mit den Amerikanern vom Nachbarboot zum Tuamotu-Archipel zu segeln. Also war der Platz auf Laurent’s Boot frei für mich! Die n?chste glückliche Fügung war, dass Laurent ein paar Tage nach meiner Ankunft mit vier franz?sischen Kunden auf eine Segeltour über die polynesischen Inseln bis Bora Bora aufbrechen würde. Dabei ist es üblich, dass die Kunden die Verpflegung für die Crew für den Zeitraum der Cruise bezahlen. Die Kunden haben die Tour dann aber nach drei Tagen wegen Seekrankheit abgebrochen. Also haben Laurent und ich die Cruise über die Inseln allein fortgeführt, mit dem Boot voller Essen, Bier und Wein für 6 Personen. Wir waren insgesamt drei Wochen unterwegs und sind über Moorea, Huahine und Taha’a nach Bora Bora gesegelt. Es war wundersch?n!

SOLEJA, Laurent’s Boot (mit dem beigen Bimini-Verdeck) vor Moorea
Laurent im Dinghy bei einer Schnorcheltour auf Tahaa

Allein der Alltag auf einem Segelboot ist was Besonderes. So gibt es zum Beispiel am Waschbecken in der Küche drei Wasserh?hne, und zwar jeweils einen für Salzwasser, Sü?wasser und trinkbares Sü?wasser. Den Abwasch macht man mit dem Salzwasser aus dem Meer und spült nur am Ende alles kurz mit Sü?wasser ab. Der Herd kann in seiner Verankerung schwingen und der Kühlschrank ist eine von oben zug?ngliche Box, bei der man ziemlich die Arme verrenken muss, um in jede Ecke zu kommen. Eigentlich war ich für die Ordnung im Kühlschrank zust?ndig, aber manchmal hat Laurent in mein System gepfuscht und dann war es ziemlich nervig, in dieser dunklen Box das Gesuchte zu finden. Die Dusche auf SOLEJA war eine Freiluftdusche am Heck des Boots, die aus einem Schlauch mit kaltem Sü?wasser bestand. Aber Warmwasser braucht man in Franz?sisch-Polynesien nun wirklich nicht. Laurent ist ein absoluter Frühaufsteher und die Motivation, mit der Sonne aufzustehen, hat auch mich früh aus dem Bett getrieben. Jeden Tag hatten wir einen Sonnenaufgang und Sonnenuntergang über dem Meer! Ich bin immer kurz nach 6 Uhr vom Kaffeegeruch und dem Geklimper in der Küche aufgewacht und dann haben wir als Erstes 1 bis 2 Stunden auf dem Deck gechillt, gefrühstückt und die morgendliche Stille genossen. Dann waren wir entweder mit Segeln besch?ftigt, waren Schnorcheln oder die Inseln erkunden oder haben Arbeiten am Boot erledigt. Ich war echt überrascht, wie viel Arbeit so ein Boot macht! Aber die st?ndige Exposition gegenüber Sonne und Salzwasser tut keinem Material gut. Und so k?mpft man st?ndig gegen Schimmel, Rost und ?rgert sich über ausfallende Technik. Ich bin u.a. Rostflecken mit S?ure zu Leibe gerückt oder bin mit Schnorchel um das Boot herum geschwommen und habe Algen vom Bug gekratzt. Den Weg zum Land und zu den benachbarten Segelbooten absolviert man im Dinghy, einem motorisierten Schlauchboot. Laurent hat mir Dinghy-„Fahrstunden“ gegeben und es war schwieriger als gedacht, das leichte Schlauchboot mit einem 15-PS Au?enbordmotor durch die Wellen zu man?vrieren, aber hat riesigen Spa? gemacht! (Obwohl Laurent ein sehr unentspannter Lehrer und „Beifahrer“ war). Wenn man auf einem Boot lebt, erlebt man das Meer in all seinen Facetten: türkisblau in den Lagunen; indigoblau, wenn man mehrere hundert Meter tiefes Wasser überquert; dramatisch leuchtend nach einem Sturm und bei absoluter Windstille spiegelglatt, sodass es die Farbe des Himmels reflektiert. Faszinierend!

Au?erhalb des Korallenriffes ist das Meer noch hunderte Meter tief und tiefblau.
SOLEJA in der Laguna von Moorea (Opunohu-Bucht)
Dramatisches Naturspektakel, wenn ein Sturm über das Paradies zieht.
So mochte ich das Meer am liebsten – spiegelglatt wie ein See.

Laurent war den Weg von Frankreich bis Tahiti allein gesegelt, er konnte also s?mtliche Segelman?ver allein bew?ltigen, ich bin ihm lediglich zur Hand gegangen. Vorher hatte ich noch nie Fu? auf ein Segelboot gesetzt, aber w?hrend der drei Wochen habe ich die Grundbegriffe und die Theorie des Segelns gelernt. Die See war in den Lagunen rund um die Inseln sehr ruhig, aber auf den gr??eren Distanzen zwischen den Inseln hatten wir z.T. heftigen Wellengang. Unsere l?ngste Strecke war die 15-stündige Segeltour von Moorea nach Huahine. Wir sind abends 18 Uhr aufgebrochen und am n?chsten Morgen 9 Uhr angekommen. Ich wurde zwar nicht seekrank, aber unglaublich müde vom dem Geschaukel. Ich hab mich gefühlt wie ein Riesenbaby, das in den Schlaf gewiegt wird. Und so habe ich die meiste Zeit friedlich geschlummert, w?hrend der arme Laurent st?ndig hin und her gehetzt ist, um die Segel anzupassen. Ab und zu bin ich aufgewacht, wenn mich ein gro?e Welle an das andere Ende des Betts geschleudert hat, aber danach sofort wieder eingeschlafen.

Huahine ist die am wenigstens besiedelte Insel von Franz?sisch-Polynesien.

Abgesehen von dem Abenteuer des Segelns war natürlich die Umgebung einfach traumhaft. In Franz?sisch-Polynesien fühlt man sich wie im Paradies. ?berall winzige Inseln mit wei?em Sandstrand (motus), Palmen und türkisblaues Wasser. Die polynesischen Inseln sind Atolle, d.h. erloschene Vulkane, die von einem Korallensaum umgeben sind. ?ber den Korallenriffen ist das Wasser flach und deswegen hellblau (Lagunen) und in den Lagunen ist das Wasser so klar, dass man die Korallen und Fische über der Wasseroberfl?che fast genauso gut sieht, als würde man schnorcheln. Ich kann mich nicht erinnern, jemals eine so sch?ne Unterwasserwelt gesehen zu haben. Beim Schnorcheln fühlt man sich, als würde man im Aquarium schwimmen: Fische und Korallen in leuchtenden Farben und allen Gr??en und Formen. Anfangs habe ich mich schlecht gefühlt, wenn Laurent mit seiner Harpune losgezogen ist, um uns Mittag- oder Abendessen zu erlegen. Aber der Papageienfisch als poisson cru war einfach so lecker, dass ich das Jagen im Paradies in Kauf genommen habe. Aber selbst wenn wir keinen Erfolg mit der Harpune hatten, mussten wir nicht auf frischen Fisch verzichten. Wie gesagt, die Polynesier sind sehr gro?zügig. Haben wir ein Fischerboot auf dem Meer getroffen, hielten wir an, um zu plaudern und zum Abschied warf uns der Fischer meist ein paar Fische ins Dinghy. Und als Laurent einmal einem Polynesier dabei half, dessen Schlauchboot aufzupumpen, kam dieser ein paar Stunden sp?ter mit einem Papageienfisch und ein paar Riesenmuscheln als Dank zurück. Ich lernte also nicht nur, wie man Fische entschuppt und ausnimmt, sondern auch, wie man Riesenmuscheln zubereitet. Wir haben allgemein sehr gut gegessen. Wie man es von Franzosen erwartet, ist Laurent ein echt guter Koch. Da wir das Boot bereits voller Vorr?te hatten, haben wir auf den Inseln meist nur frisches Obst, Gemüse und Baguettes gekauft.

Die typischen Stelzenh?user von Franz?sisch-Polynesien, heute meistens Hotels.
Ein typisches motu – eine wahre Südseetrauminsel.
Frischer geht’s nicht: Fisch vom Meer direkt auf den Teller, meist in Form von poisson cru.

Bora Bora war das Ende unserer Tour und darauf hab ich mich besonders gefreut. Man kann auch verstehen, warum sich diese Insel zu einem der teuersten Touristenziele der Welt entwickelt hat. Der Zentralvulkan ist hier besonders eindrücklich in seiner Form und die gro?e Lagune ist bekannt für ihr besonders glasklares Wasser. Aber die Stimmung wird von den vielen riesigen Hotelkomplexen und den vorbei düsenden Jetskis getrübt. Die anderen Inseln haben genauso sch?ne motus und Korallenriffe und sind viel ruhiger, entspannter und authentischer. Bora Bora war also keineswegs das Highlight.

Die Lagune von Bora Bora – wie ein riesiger salziger Swimming Pool.
Sonnenuntergang über den Zentralvulkan von Bora Bora

Neuseeland

Meine Freundin Celia begab sich auf eine 32h 45 min Flugreise, um mit mir 3 Wochen lang die Nord- und Südinsel Neuseelands in einem Campervan zu erkunden. Wir trafen uns in Hongkong, wo Celia 10 h Aufenthalt hatte – genug Zeit, um ein bisschen durch die Stadt zu spazieren und natürlich für Dim Sum. Am sp?ten Nachmittag bestiegen wir dann zusammen das Flugzeug nach Auckland. Einfacher gesagt, als getan, denn die Mitarbeiter von Air New Zealand wollten mich nicht an Board des Flugzeuges lassen, da ich noch kein Rück- oder Weiterflugticket hatte. Na gut, dann kaufe ich mal eben schnell ein Flugticket in die Südsee. Wozu hat man ein Smartphone? Aber den gewissenhaften Airline-Mitarbeitern hat weder die Buchungs- noch Zahlungsbest?tigung meines Fluges als Nachweis meiner Weiterreise ausgereicht. Sie beharrten darauf, dass sie die Flugticketnummer für die neuseel?ndische Einwanderungsbeh?rde ben?tigen würden. Nach hitzigen Diskussionen, einigen Schwei?ausbrüchen und 30 Minuten in der Warteschleife der deutschen Flugagentur habe ich also ein zweites Ticket für denselben Flug direkt bei Air New Zealand gekauft (bei Kauf bei der Airline wird die Ticketnummer n?mlich sofort angezeigt – aha. Das h?tten sie mir auch vorher sagen k?nnen.). Also durften wir, 3 Minuten vor Ende des Check-ins, endlich Richtung Gate gehen – oder besser hasten. Ich, mit Herzrasen und zwei Flugtickets von Auckland nach Tahiti in der Tasche und die Jetlag-gebeutelte Celia war durch das Drama auch wieder wach. (Zum Glück konnte ich eines der Tickets sp?ter stornieren!)

Wir tauften unseren farbenfrohen Van auf Vincent.

In Auckland holten wir unseren Van ab und sind direkt Richtung Westküste aufgebrochen. Der Linksverkehr war zu Beginn eine ganz sch?ne Herausforderung! Verglichen mit deutschen Stra?en sind die Stra?en Neuseelands eher eng, sodass wir beide anfangs zu weit au?en fuhren, um dem aus der falschen Richtung kommenden Gegenverkehr auszuweichen. So kam es ?fter vor, dass die Beifahrerin das Gefühl hatte, jeden Moment im Stra?engraben zu sitzen und dementsprechend erschrocken aufschrie. Die nur 3 Stunden Schlaf und die Zeitverschiebung waren am ersten Tag auch nicht sehr hilfreich. Vor allem beim Rechtsabbiegen musste die Beifahrerin immer mal wieder rufen: „Achtung, da kommen Autos!“. Auch dauerte es eine Weile, bis wir beim Blinken nicht mehr aus Versehen die Scheibenwischer bet?tigten. Aber wir wurden zunehmend routinierter und sp?ter man?vrierten wir unseren Vincent entspannt durch den Verkehr Es war auch sch?n, mal wieder 3 Wochen an einem Ort zu sein. Naja, zwar nicht am gleichen Ort, aber im selben Bett zu schlafen. Der Rucksack lag im Bettkasten verstaut und wurde 3 Wochen lang weder aus- noch eingepackt. Wir haben alle paar Tage (für eine warme Dusche) auf gut ausgestatteten Campingpl?tzen übernachtet, aber die meisten N?chte schliefen wir auf einfacheren DOC-Campingpl?tzen (Department of Conservation) mitten in der Natur an Flüssen, in W?ldern oder am Strand. In Wellington haben wir die Nacht auf einem Parkplatz mitten in der Stadt und in Auckland auf einem Parkplatz am Hafen verbracht.

Zeit für ein gutes Frühstück musste immer sein…
… zum Beispiel mit Eiern und Speck direkt am Strand.

Unser erster Stopp war die Coromandel Halbinsel. Hier haben wir die Cathedral Cave und den Hot Water Beach besucht. Unter dem Hot Water Beach liegen 170° hei?e Gesteinsschichten mit einem Hei?wasser-Reservoir. Der Bereich, in dem das Hei?wasser an die Erdoberfl?che tritt, kommt nur bei Ebbe zum Vorschein und so stürzen zweimal am Tag mit Schaufeln bewaffnete Touristen an den Strand und buddeln sich kleine Pools. Wir haben auch flei?ig gegraben, aber unser Pool wurde nur lauwarm. Als ein paar Engl?nder neben uns den Strand verlie?en, übernahmen wir deren Pool, der so hei? war, dass man es an manchen Stellen gar nicht ausgehalten hat. Doch das war perfekt, um sich nach einem Bad im kühlen Pazifik wieder aufzuw?rmen.

So viel Arbeit für einen nur lauwarmen mickrigen Pool
Die Cathedral Cave

Von Coromandel ging es weiter nach Rotorua, einer Region, die für ihre geothermischen Aktivit?ten bekannt ist und uns total fasziniert hat. ?berall kocht, zischt und dampft es und riecht nach Schwefel. Man entdeckt blubbernde Schlamml?cher, bunte Krater, meterhohe Geysire und hei?es und kaltes Wasser in allen m?glichen Farben. Angefangen haben wir unsere Entdeckertour im Waimangu Volcanic Valley, wo man auf einer 4 km langen Wanderung durch ein Tal zum Lake Rotomahana gelangt. Hier habe ich mich wie in „In einem Land vor unserer Zeit“ gefühlt und w?re nicht überrascht gewesen, wenn Littlefoot auf einmal um die Ecke gekommen w?re. Abends waren wir im Redwoods Forest – ein vor 100 Jahren künstlich angelegter Wald von heute bis 70 Meter hohen Mammutb?umen. Hier waren wir in der D?mmerung spazieren und sind nach Einbruch der Dunkelheit über H?ngebrücken durch die Baumkronen geklettert, welche durch Lichtinstallationen in verschiedenste Farben getaucht wurden. Zum zweiten Mal an einem Tag haben wir uns wie in einer anderen Welt gefühlt. Am n?chsten Tag waren wir in Whakarewarewa, einer Maorigemeinde, in der es auch überall brodelt und dampft. Hier befindet sich der Pohuto-Geysir, der stündlich ausbricht und Wasser bis zu 30 Meter hochschleudert. Ein sympathischer junger Maori hat uns durch sein Dorf geführt und stolz von seiner Kultur erz?hlt. Zuerst dachten wir: „Warum leben die freiwillig in diesem Schwefelgestank?“ Aber nach der Tour konnten wir es zum Teil nachvollziehen. Am beeindruckendsten war ein Pool mit konstant 100° hei?em, kochenden Thermalwasser, in dem die Maori ihr Essen kochen – einfach das Hühnchen ein paar Minuten in den Pool h?ngen und fertig. Man konnte Maiskolben kaufen, die in dem Pool gekocht wurden und die wir uns gleich zweimal geholt haben, weil sie so lecker waren. Zum Abschluss waren wir noch in Wai-O-Tapu, einem weiteren Geothermalgebiet mit besonders bunten Kratern und Sümpfen. Am surrealsten war das Devil’s Bath, ein Schwefelsee, der so giftgrün ist, dass er wie radioaktiv wirkt.

Im Waimangu Valley auf dem Weg zum Lake Rotomahana
Der Frying Pan Lake, der gr??te Thermalsee der Welt, kocht nicht wirklich, da er „nur“ 55°C hei? ist. Die D?mpfe entstehen durch austretendes Kohlendioxid und Schwefelwasserstoff.
?berall sieht man kleine L?cher, aus denen es dampft, zischt oder spritzt.
Der Silberfarn, die Nationalpflanze Neuseelands, ist auch in dessen Wappen abgebildet.
In Neuseelands Natur findet man den Silberfarn überall, auch im Waimangu Valley.
Der Inferno Crater ist 80°C hei? und aufgrund seines Gehaltes an Schwefels?ure sehr sauer (pH-Wert 2,1). In einem ca. 40-t?gigen Rhythmus steigt und f?llt der Wasserpegel um 8 Meter.
Das Maori-Dorf Whakarewarewa
Das Devil’s Bath in Wai-O-Tapu

Unser n?chstes Ziel war Napier, ein Ort in der Weinregion von Hawke’s Bay. Wir kauften uns eine Flasche Wei?wein in einem Weingut, um diese am Strand des Campingplatzes zu genie?en. Der nette franz?sische Verk?ufer lie? uns vier Weine kosten, bevor wir eine Flasche Wei?wein ausw?hlten. So hatten wir unsere private kleine Weinverkostung. Ein Highlight dieser Region war unsere 4 km Wanderung im Te Mata Park durch dichten Wald und über grün-gelbe Hügel mit anschlie?ender Aussicht über die Bucht. Von Napier sind wir weiter nach Wellington gefahren und von dort mit der F?hre auf die Südinsel.

Im Te Mata Park

Unser erster Stopp auf der Südinsel waren die Malborough Sounds, ein Netzwerk vom Meer überfluteter T?ler. In Picton bestiegen wir ein Boot, das uns zum Queen Charlotte Track brachte. Von diesem 70 km Wanderweg sind wir nur ein kleines Stück von einer Bucht zur n?chsten gewandert. Bei Ankunft in der Lochmara Bay mit der gleichnamigen Lodge erwartete uns eine freudige ?berraschung: wir konnten kostenlos Kayaks und Stand Up Paddle Boards nutzen. Und so sind wir durch die einsame Bucht gepaddelt, mit dem Pl?tschern des Paddels im Wasser als einziges Ger?usch.

Die Lochmara Bay auf dem Queen Charlotte Track

Im Abel-Tasman-Nationalpark haben wir wieder ein Boot bestiegen, diesmal ein Zweier-Kayak. Hier hatten wir zum ersten Mal weniger Glück mit dem Wetter, aber hatten trotzdem einen sch?nen Tag. Wir sind von Bucht zu Bucht gepaddelt, haben den Split Apple Felsen umrundet und haben unser Kayak unter Felsb?gen hindurch und in kleine H?hlen hinein man?vriert. Das Meer war nicht so ruhig wie in den Malborough Sounds und so hatten wir unseren Spa? bei Wind und Wellen.

Im Hintergrund der Split Apple Felsen
Paddel-Pause am Strand im Abel-Tasman Nationalpark

Von Abel-Tasman fuhren wir die Westküste hinunter bis Hokitika. Leider hatte sich an diesem Tag der Nieselregen vom Vortag in Dauerregen verwandelt. Aber wir hatten den Tag haupts?chlich als Reisetag geplant und wir hatten Connie dabei, eine quirlige Anhalterin aus dem Saarland, die wir auf der Stra?e aufgegabelt hatten und so wurde es ein lustiger Tag im Van. Ein obligatorischer Stopp unterwegs waren die Pancake Rocks, eine Felsformation, die aussieht wie übereinander geschichtete Pfannkuchen. Bei Ankunft in Hokitika goss es wie aus Kübeln. Aber wir waren extra dorthin gefahren, um die Hokitika Gorge zu sehen, eine Klamm, wo der Hokitika Fluss aufgrund von Gletscherwasser und Gesteinsabrieb eine milchig türkise Farbe hat. Also warteten wir 20 Minuten im Auto und als der Regen nicht weniger wurde, haben wir uns die Regenjacken übergeworfen und sind trotzdem los gestapft. Das war vermutlich nicht unsere klügste Idee. In weniger als einer Minute war ich nass bis auf die Unterw?sche und in den Schuhen stand das Wasser. Celias neue Wanderschuhe haben etwas l?nger durchgehalten, aber am Ende haben auch die der Naturgewalt nachgegeben. Aber immerhin hatten wir die Hokitika Klamm für uns allein und wegen des trüben, grauen Himmels mit seinen tiefh?ngenden Wolken konnte man nicht erkennen, wo das Wasser aufh?rt und wo der Himmel anf?ngt. Ein beeindruckendes Naturschauspiel. Kaum waren wir zurück am Auto, h?rte der Regen langsam auf – wie sollte es auch anders sein? Naja, wir haben also unsere nassen Klamotten im Van verteilt und sind zurück in die Stadt. Hier haben wir uns ein Brath?hnchen aus dem Supermarkt geholt und Connie hat zur Feier des Tages ihren guten Rotwein aus dem Rucksack geholt. So gab es ein Festmahl im Auto am Stra?enrand vom Hokitika. Danach setzten wir Connie, die weiter Richtung Süden wollte, wieder an der Stra?e ab und fuhren weiter in den Osten in die Berge der Neuseel?ndischen Alpen, auch die Südlichen Alpen genannt.

Die raue Westküste der neuseel?ndischen Südinsel
Die Pancake Rocks

Am n?chsten Tag war uns das Wetter wieder wohlgesonnen und wir konnten im Sonnenschein den Arthur’s Pass überqueren. Der Arthur’s Pass ist der h?chste Punkt der Südlichen Alpen und eine beliebte Ost-West-Verbindung. Auf der westlichen Seite regnet es h?ufiger, sodass die Vegetation von dichtem Regenwald gepr?gt ist. Der ?stliche Teil ist dagegen viel trockener. Am Arthur’s Pass haben wir zuerst eine kleine Wanderung zum Devils Punchbowl Wasserfall gemacht, der 131 m in die Tiefe stürzt. Danach haben wir uns auf eine dreistündige Wanderung zum Temple Basin begeben. Das waren zwar nur 3 km Weg, aber dafür mit 570 m H?henunterschied und teilweise war das eine ziemlich steile Kletterpartie über Ger?ll und Felsen. Oben angekommen hatten wir dann eine sch?ne Aussicht auf schneebedeckte Gipfel.

Der Devils Punchbowl Wasserfall
Die Temple Basin Wanderung erinnerte sehr an unsere europ?ischen Alpen.

Unser Roadtrip führte uns weiter nach Akaroa, ein hübsches kleines St?dtchen auf der Banks Halbinsel ?stlich von Christchurch. Akaroa war einst die einzige franz?sische Siedlung in Neuseeland und die franz?sische Kultur spiegelt sich noch immer in der Architektur und in den Croissants der franz?sischen B?ckereien wider. Hier haben wir drei Tage au?erhalb von Akaroa auf einer Farm gecampt und (haupts?chlich) gechillt. Wir haben ein sehr nettes israelisches Paar – Gal und Yaar – kennengelernt, mit denen wir die Abende verbrachten. An einem Abend haben wir gemeinsam gekocht: es gab israelisches Shakshuka (pochierte Eier in Tomatensauce) und deutsche Rote Grütze. Das Highlight von Akaroa war auf jeden Fall das Schwimmen mit Hector-Delfinen. Diese sind mit 1,50 m die kleinsten Delfine der Welt und leben nur in Neuseeland. Wir waren zu viert – Gal, Yaar, Celia und ich – und sind morgens 7:30 Uhr mit einem kleinen Boot auf der Suche nach den Delfinen auf das Meer hinaus gefahren. Wir hatten total Glück, denn nach einer kurzen Zeit stie?en wir auf eine gro?e Gruppe von sehr neugierigen und verspielten Tieren. Wir hüpften in unseren 7 mm Neoprenanzug ins kalte Wasser und schwammen über eine Stunde durch die Bucht, immer von mehreren Delfinen begleitet, die aufgeregt und zum Teil nur einen halben Meter entfernt um uns herum tollten. Ein wahr gewordener Kindheitstraum!

Die Bucht von Akaroa

Wir mussten Vincent wieder in Auckland abgeben, also machten wir uns von Akaroa zurück auf den Weg zur Nordinsel. Unsere wohl gr??te Mission lag noch vor uns: das Tongariro Alpine Crossing, eine 20 km Wanderung über ca. 800 H?henmeter. Diese Wanderung wird als die sch?nste Tageswanderung Neuseelands bezeichnet und ist sp?testens seit „Der Herr der Ringe“ sehr beliebt, denn die Vulkanlandschaft des Tongariro Nationalparks stellt im Film das Land Mordor dar. Die Wanderung führt über den Vulkan Mount Tongariro und bietet dabei eine tolle Aussicht auf den Mount Ngauruhoe, den Schicksalsberg von Mordor. Auf dem Weg jagt ein umwerfender Anblick den n?chsten: es geht vorbei an erstarrten Lavastr?men, durch riesige erloschene Krater, den Gipfel hinauf zum noch aktiven Roten Krater und schlie?lich hinunter, vorbei an smaragdgrünen und blauen vulkanischen Seen. Der lange Abstieg führt durch Heidelandschaft und zuletzt durch einen tiefgrünen, dichten Wald – eine unerwartete Abwechslung zur Vulkanlandschaft. Wir haben die 20 km in etwa 6 h 15 min geschafft und waren danach fix und fertig. Schon auf der Busfahrt zurück zum Campingplatz mussten wir gegen den Schlaf ank?mpfen und konnten uns am Abend kaum bis zum Abendessen wach halten. Dabei sind wir extra in ein Restaurant gegangen, um uns mit einem Steak zu belohnen. 20 Uhr haben wir dann schon tief und fest geschlafen. Den ganzen n?chsten Tag verbrachten wir im Spa Thermal Park in Taupo. Das ist eine hei?e Quelle, deren Wasser sich mit dem kalten Wasser des Waikato Flusses vermischt. Dort kann man in verschieden warmen steinernen Pools entspannen, je nach Temperaturbedarf.

Auf dem Weg zum Schicksalsberg
Oft ist der Weg ziemlich überfüllt, aber zum Teil ist man auch allein unterwegs.
Nach einen sehr anstrengenden Aufstieg geht es auf rutschigem Ger?ll wieder hinunter, vorbei an den Emerald Lakes.
Die Farbe kommt aus vulkanischen Mineralien vom Untergrund der Seen.
Die wechselnden hochalpinen Wetterbedingungen machten die Kleiderwahl nicht einfach und erforderten ein st?ndiges An- und Ausziehen.

Letzter Punkt auf unserer Tour waren die Waitomo Glühwürmchen-H?hlen. Celia hat eine Abenteuer Tubing und Blackwater Rafting Tour gebucht, die leider zu teuer für mich und mein Reisebudget für ein Jahr war und so hab ich die harmlosere Version gemacht, in der man durch die H?hlen spaziert und mit einem Boot unter einem Sternenhimmel aus Glühwürmchen hinweg gleitet. Diese Glühwürmchen haben aber nichts mit unseren Glühwürmchen zu tun, sondern sind Larven von sogenannten Pilzmücken, die an der Decke sitzen und klebrige, bl?ulich schimmernde F?den hinunter h?ngen lassen, um Insekten zu fangen. Klingt eklig, war aber ein wundersch?nes Naturschauspiel. Es war wirklich ein toller Abschluss der Reise für uns beide!

Glowworm Waitomo Cave: Die H?hlendecke sieht aus wie ein von blauen Sternen erleuchteter Himmel.

Hongkong

Bei der Ankunft in Hongkong habe ich den Kulturschock meines Lebens erlebt. Angefangen hat es im Flugzeug, als ich bei der Landung die Hongkong-Zhuhai-Macao-Brücke über das Meer ragen sah. Diese 55 km lange Brücke verbindet Hongkong mit dem chinesischen Festland und gilt als l?ngste Meeresbrücke der Welt. Sie wurde erst im Oktober 2018 er?ffnet. Aus dem Flugzeug habe ich nur mitten im Meer eine unendliche riesige Brücke am Horizont verschwinden sehen und dachte: „Oh mein Gott, die Chinesen erobern wirklich die Welt!“ (Ich k?nnte einen ganzen Beitrag nur darüber schreiben, wie sich die Chinesen ohne Rücksicht auf die Umwelt oder die Wirtschaftslage der ?rmeren L?nder in Südostasien ausbreiten und deren Ressourcen verschwenden bzw. an sich rei?en, aber das ist ja nicht das Thema dieses Blogs…) Im riesigen modernen Flughafengeb?ude von Hongkong und im Expresszug ins Stadtzentrum hatte ich immer noch einige kulturelle Anpassungsschwierigkeiten. Celia, die einige Tage sp?ter in Hongkong eintraf, um mit mir zusammen weiter nach Neuseeland zu fliegen, fand den Flughafen und den Zug allerdings ganz normal, also muss mein Schock darin begründet gewesen sein, dass ich vorher zwei Monate im beschaulichen Südostasien verbracht hatte. Trotzdem, der Urwald von Borneo bzw. Java und die Str?nde von Bali wurden nun von einem Urwald aus (zum Teil h?sslichen und alten) Hochh?usern abgel?st und die Luft über dem Hafen war trüb vor Smog. Am Hauptbahnhof angekommen k?mpfte ich mich mit meinem schweren Rucksack auf dem Rücken durch Massen von gesch?ftigen Asiaten und durch das U-Bahn-System der Metropole und war froh, als ich endlich im Hostel ankam. Doch hier ging der Schrecken weiter: das Hostel bestand aus mehreren Wohnungen in einem heruntergekommenen Wohnblock und die Zimmer waren winzig, dreckig und mit allem m?glichen Krempel zugestellt. Mein Zimmer war mit zwei klapprigen Doppelstockbetten vollst?ndig ausgefüllt und meine Zimmernachbarn waren drei schnarchende, müffelnde Kerle. Aus Angst vor Bettwanzen (wie ich sie auf Borneo einmal erlebt hatte) hüllte ich mich in mein gegen Insekten impr?gniertes Reiselaken und nahm auch meine Wertsachen mit ins Bett, weil ich den Jungs nicht über den Weg traute… Keine 10 min nach der Ankunft buchte ich für die n?chste Nacht ein anderes Hostel, was zwar teurer, aber deutlich besser war. Am n?chsten Morgen sah die Welt aber schon wieder besser aus. Beim Frühstück konnte ich dann schon mit einem Argentinier über dieses Horrorhostel lachen.

Aussicht vom Victoria Peak
Die berühmte Star Ferry zwischen Kowloon und Hongkong Island
Abendliches Lichtspektakel am Victoria Harbour

?ber die n?chsten Tage freundete ich mich langsam mit der Stadt an. Hongkong hat neben den heruntergekommenen Vorst?dten, die ich aus dem Zug gesehen hab, natürlich auch sch?ne Ecken. Man hat eine sehr sch?ne Aussicht vom Victoria Peak und auch der Central District mit seinen Hochglanz-Wolkenkratzern ist ziemlich beeindruckend. Hier fühlte ich mich wie mitten in Gotham City (der Film The Dark Knight aus dem Jahr 2008 wurde z. T. hier gedreht). Au?erdem dauerte es nicht lange und man war raus aus der Gro?stadt inmitten sch?ner Natur. Ich war mit einer Franz?sin auf Lantau Island, wo wir uns das Fischerdorf Tai-O und den Tian Tan Buddha angeschaut haben.

Die Wolkenkratzer und Menschenmassen überforderten mich in den ersten Tagen.
Big City Life nach der Idylle Java’s
Im Abendlicht sah die Stadt dann immer etwas hübscher aus.
Nebel-umwobene W?lder – so stellte ich mir das alte China vor.
Der Tian Tan Buddha, mit 34 m eine der fünf gr??ten Buddha-Statuen in China
Das Fischerdorf Tai-O, gr??er k?nnte der Kontrast zur modernen Megacity Hongkong nicht sein.

Ein Highlight von Hongkong war definitiv das Dim Sum! Mein Lieblingsgericht waren Chee Cheong Fun – ged?mpfte Reisrollen. In dem ersten Dim Sum Restaurant sa? ich mit einem ?lteren Ehepaar und einer Frau an einem Vierertisch (Privatsph?re gibt es in chinesischen Restaurants nicht) und die haben sich pr?chtig über mich amüsiert. Mein Umgang mit Essst?bchen war mittlerweile ganz gut, aber an den schleimigen Reisrollen bin ich doch gescheitert. Nachdem die drei lachend auf Chinesisch auf mich eingeredet haben, nahm mir die Frau schlie?lich die St?bchen aus der Hand und zeigte mir, wie ich die Rollen mit den St?bchen durchtrennen und auf den L?ffel schieben sollte. Diese Technik habe ich sp?ter perfektioniert, da ich noch oft Chee Cheong Fun gegessen hab.

Leckeres Dim Sum
Gut essen kann man in Hongkong.

An einem Vormittag nahm ich an einer 4-stündigen Stadtführung teil, welche die Geschichte Hongkongs, die aktuelle politische Situation und die Beziehung zu China thematisierte. Diese Tour hat mich sehr bewegt! Hongkong wurde nach 156 Jahren als britische Kolonie im Jahr 1997 von Gro?britannien an China zurück gegeben und gilt heute als eine Sonderverwaltungszone Chinas. Damals hat die chinesische Regierung zugesichert, dass Hongkong in den n?chsten 20 Jahren eine Demokratie werden würde. Diese Frist ist 2017 abgelaufen und natürlich hat China dieses Versprechen nicht gehalten. Das war 2014 Ausl?ser der „Regenschirm Bewegung“, an der auch unser Guide teilgenommen hatte und die letztendlich überhaupt nichts gebracht hat. Im Jahr 1997 wurde auch vereinbart, dass 50 Jahre lang das Prinzip „One country, two systems“ gelten würde, d.h. Kapitalismus, Presse- und Meinungsfreiheit in Hongkong versus Sozialismus, ?berwachung und Zensur in China. 22 Jahre sind seitdem vergangen und nun warten die Hongkonger praktisch darauf, bis ihre Heimatstadt in 28 Jahren als eine weitere chinesische Gro?stadt von der Diktatur einverleibt wird. Unser Guide erz?hlte von seinem Vater, der w?hrend der Kulturrevolution auf der Flucht vor der chinesischen Regierung unter Kugelhagel vom Festland nach Hongkong geschwommen war und sich die ersten Jahre in Hongkong als Schuhputzer durchschlug. Für ehemalige Flüchtlinge wie ihn ist die Rückgabe an China wie ein Schlag ins Gesicht. Seit Jahren versuchen viele Hongkonger auszuwandern und auch unser Guide, ein 32 Jahre alter, gebildeter und engagierter junger Mann, hat uns von seinem gescheiterten Auswanderungsversuch nach Deutschland erz?hlt. Ich bemerkte auf meiner Reise immer wieder, dass Deutschland einen sehr guten Ruf in der Welt hat.

Küche und Bad in einem Raum, vom Wohnraum nur mit einem Duschvorhang getrennt.
Die ganze Wohnung ma? knappe 10 qm.

Eine weitere besondere Erfahrung in Hongkong war mein erstes Couchsurfing-Erlebnis. Ich kontaktierte ein M?del in meinem Alter – Mary, eine Sozialarbeiterin – und wir gingen Dim Sum essen und verstanden uns sehr gut. Aber als ich ihre winzige Wohnung und mein improvisiertes Bett aus Isomatte und zwei dünnen Decken sah, dachte ich mir: „Warum mache ich das nochmal?“. Aber die Wohnung war sauber und ich habe einen sehr guten Schlaf und so habe ich zwei N?chte überraschend gut auf dem harten Fliesenboden geschlafen. Immerhin erlebte ich so hautnah mit, wie die Hongkonger leben und die teuren Mieten in der beliebten und überfüllten Millionenmetropole sind wirklich ein Problem. Eine gr??ere Wohnung konnte sich Mary als junge Frau einfach nicht leisten.

Java

Für meinen spontanen Abstecher nach Java hatte ich von Leuten aus dem Surfcamp die Handynummern von zwei Einheimischen bekommen: Supri aus Karetan und Ben aus Banyuwangi. Beide waren ehemalige Tourguides und konnten dementsprechend überdurchschnittlich gut Englisch sprechen. Supri hatte früher Touren zum Sukamade Turtle Beach begleitet und arbeitete nun als selbstst?ndiger Englischlehrer. Auf Anfrage organisierte er aber Trips nach Sukamade, wozu er Freunde und Bekannte aus seinem Dorf anheuerte: einer stellte seinen Jeep zur Verfügung, ein anderer begleitete die Tour als Fahrer und er selbst diente als Tourguide. Auf diese Weise waren die Touren günstiger und – noch viel wichtiger – das Geld ging direkt an die Einheimischen und nicht an eine gro?e Tourismusorganisation. Ben war früher Tourguide auf dem Ijen Vulkan. Er erz?hlte mir, dass er gerne Zeit mit Menschen aus aller Welt verbringe, aber keine Lust mehr habe, als Tourguide jeden Tag das Gleiche zu erz?hlen. Also baute er sein Haus aus und beherbergte Touristen, für die er Touren auf den Ijen Krater organisierte. ?hnlich wie Supri heuerte er dafür Freunde aus dem Ort an.

Vulkane bei Banyuwangi auf Java: rechts der Gunung Ijen, links der Gunung Raung
Sonnenuntergang über sattgrünen Reisfeldern
An tropischen Früchten mangelt es auf Java nicht.

Noch auf Bali nahm ich zun?chst über WhatsApp Kontakt mit Supri auf und fragte ihn, ob er eine Tour nach Sukamade für mich organisieren k?nne. Er sagte sofort zu und bot an, dass ich in seinem Haus übernachten k?nne – „Meine Schüler werden sich freuen, mit dir Englisch zu üben!“. Also habe ich mich von Canggu auf den Weg gemacht und kam nach 3 h Busfahrt und 45 min auf der F?hre in Banyuwangi auf Java an. Dort habe ich mich in einem kleinen Restaurant ins WLAN eingeloggt, um Supri mitzuteilen, dass ich angekommen war. Eigentlich hatte ich Instruktionen erwartet, welchen Bus ich nehmen sollte, um in sein Dorf zu gelangen, aber keine 10 min sp?ter stand er pl?tzlich vor mir. Er war besorgt, dass ich den Weg nicht allein finden würde und war deswegen 2 h auf seinem Roller in die Stadt gefahren, um mich abzuholen. Nachdem mein Rucksack abenteuerlich im „Fu?raum“ des Rollers verstaut war, ging es also 2 h zurück in Supri’s Dorf Karetan südlich von Banyuwangi. 4 h Rollerfahrt, um eine v?llig Fremde abzuholen… das war nur das erste von unz?hligen Malen, in denen ich die unglaubliche Gastfreundschaft und Hilfsbereitschaft der Javaner erlebt habe. In Supri’s kleinen Haus angekommen, gab es Abendessen mit seiner Frau und den drei kleinen Kindern, wobei ich h?flich die unf?rmigen, undefinierbaren Fleischstücke in der Suppe verzehrte. Die Kinder mussten mehrfach daran erinnert werden, weiter zu essen, weil sie mich die ganze Zeit wie ein fremdes Zukunftswesen anstarrten. Mir wurde sogar ein eigenes kleines Zimmer mit Matratze auf dem Boden gegeben. (Nachdem ich dort mein Moskitonetz als Mücken- und Kakerlakenschutz aufgehangen hatte, fühlte ich mich auch wohl.) Nach dem Abendessen ging es weiter mit der One-Woman-Show. Ich diente als Vorzeige- und ?bungsobjekt im Englischunterricht, zuerst für kleinere Kinder, die von Supri’s Frau unterrichtet wurden, und dann für Supri’s Kurs aus vier Jugendlichen. Ich wurde mit Fragen bombardiert wie „What’s your name?“, „Where are you from?“, „How old are you?“, „What’s your favorite colour? …favorite food? … favorite drink?“. Dabei wurden die selben Fragen mehrmals gestellt, damit jeder sie ausformulieren konnte, und ich antwortete wie ein braver Papagei. Es ging weiter. Kinder: „How tall are you?“ Ich: „1,70 m.“ Ehrfürchtiges Raunen. Kinder: „What’s your weight?“ Ich: „58 kg.“ Ungl?ubiges Lachen. Darf ich vorstellen – Anna, der germanische Koloss. Supri und seine Schüler ragten mir halt nur bis zur Schulter. Am Ende flüsterte mir eine Jugendliche aber mit leuchtenden Augen zu: „You are beautiful!“, woraufhin ich nur verlegen l?chelte. Als blonde Europ?erin kannte ich diese Art der Bewunderung bereits von vorherigen Asienreisen, da hier das westliche Erscheinungsbild mit heller Haut, gro?en Augen und schmalen Wangen als Sch?nheitsideal gilt. Trotzdem, wer sich einmal wie ein Rockstar fühlen will, sollte nach Java kommen.

Mein Bett in Supri’s Haus

Am n?chsten Tag ging’s auf die 5-stündige, abenteuerliche Autofahrt zum Sukamade Turtle Beach. Der Weg führte durch D?rfer, deren Stra?enr?nder mit leuchtend pinken Drachenfrüchten ges?umt waren und durch Plantagen von Kaffee, Kakao, Kautschuk und Erdnüssen. Immer wieder hielten wir an, damit ich etwas anschauen oder kosten konnte. Im Meru Betiri Nationalpark waren wir dann im zunehmend dichten Urwald unterwegs. Oft ging es nur im Schritttempo vorw?rts. Der Weg führte über Stock und Stein, ging zum Teil be?ngstigend steil bergauf oder bergab und fünfmal durchquerten wir einen Fluss. Schnell wurde klar, warum Sukamade nur mit dem Jeep erreichbar ist. Unterwegs besuchten wir einen wundersch?nen einsamen Strand und w?hrend Supri und unser Fahrer versuchten, einen Fisch für das Abendessen zu angeln, hatte ich die Bucht ganz für mich allein zum Schwimmen. Supri ist ein sehr enthusiastischer und positiver Mensch und sehr stolz auf seine Heimat. Unterwegs erz?hlte er mir viel über die javanesische Kultur und den Alltag in den D?rfern. Mich beeindruckte besonders, wie friedlich die Religionen hier nebeneinander leben. So findet man zum Beispiel auf einem Dorffriedhof muslimische, christliche, buddhistische und hinduistische Gr?ber nebeneinander. Und zu den verschiedenen religi?sen Festlichkeiten werden stets alle Nachbarn eingeladen, egal welcher Religion sie angeh?ren.

Leckere sü?e Drachenfrüchte überall am Stra?enrand
Traditionelle Fischerboote am Strand von Pulau Merah
?ber Stock und Stein nach Sukamade
Flussüberquerung auf dem Dach des Jeeps
Vorbei an einer Frau, die im Fluss ihre W?sche w?scht
Wei?er einsamer Sandstrand mitten im Urwald

Die Hauptattraktion von Sukamade sind die Meeresschildkr?ten. Jede Nacht kommen sie an den Strand und legen Eier. W?hrend es vor 20 Jahren noch 40 Schildkr?ten pro Nacht waren, sind es heute nur noch eine oder zwei. Grund für diese Entwicklung sind wir Menschen. Die Schildkr?ten sterben in Fischernetzen oder weil sie f?lschlicherweise Plastikmüll fressen. Um diesem traurigen Trend entgegen zu wirken, versucht man in Sukamade, die ?berlebenschancen der Meeresschildkr?ten zu Beginn ihres Lebens zu erh?hen. Die Ranger nehmen die Eier an sich, noch w?hrend die Schildkr?te sie legt. Dann werden sie in geschützter Umgebung im Forschungszentrum im Sand vergraben und nachdem die Babyschildkr?ten zwei Monate sp?ter geschlüpft sind, werden sie, z. T. auch von Touristen, am Strand ausgesetzt. Dabei werden alle m?glichen Fakten wie Art der Schildkr?te und Anzahl der Eier dokumentiert. Nach Ankunft im Forschungszentrum sind wir also gegen 20 Uhr zum Strand gelaufen, um auf eine Mutterschildkr?te zu warten. Der umsichtige Supri hatte extra eine gro?e Decke für mich mitgebracht. Noch nie hatte ich einen so hell leuchtenden Sternenhimmel gesehen wie dort am verlassenen Strand mitten im Dschungel von Java. Beim Rauschen der Wellen bin ich auf unserer Decke auch glatt eingeschlafen und wurde von der Stimme des Rangers geweckt, der eine Schildkr?te ersp?ht hatte. Die Schildkr?te legte allerdings keine Eier, sondern erkundete nur die Sandbedingungen. Am n?chsten Morgen sind Supri und ich 05:30 Uhr aufgestanden, um die Babyschildkr?ten aus dem Forschungszentrum auszusetzen, denn laut der Ranger würden am frühen Morgen weniger J?ger aktiv sein. Wir waren die einzigen Menschen am Strand und es war einfach toll! Ich habe selten etwas so Sch?nes erlebt. Es sah total niedlich aus, wie die Kleinen auf ihren winzigen Flossen Richtung Meer hasteten. Ich begleitete meine kleinen Schützlinge bis zum Wasser, damit keine b?sen Krabben sie überfallen würden. Statistisch gesehen wird jedoch von 1.000 Eiern nur eine Schildkr?te erwachsen, also konnte ich mir nicht einreden, dass all meine Babys überleben würden. Wie in Malaysia findet man auch an Indonesiens Str?nden viel Plastikmüll. Beim Surfen auf Bali hatte man beim Paddeln auch gelegentlich eine Plastiktüte an der Hand. Sogar hier am abgelegenen Strand von Sukamade wurde viel Müll angespült. Supri und ich sammelten einiges auf. Anschlie?end wollte Supri unbedingt ein Anti-Plastik Video drehen mit mir als Star, um seine Schüler zum Aufsammeln von Müll zu motivieren. Bei so einem lobenswerten Motiv konnte ich natürlich nicht nein sagen. Also gibt es jetzt ein Video von mir, wie ich mit einem Eimer voll Plastikmüll in der Hand etwas von Schildkr?ten und Plastik stottere. Supri war begeistert. Aber wie gesagt, er ist ein sehr positiver Mensch…

So entzückt war ich selten in meinem Leben.
Flink und furchtlos stürzten sich die Kleinen in die rauschende Brandung.
So winzig und unglaublich niedlich!
Der quirlige liebe Supri
Die Schildkr?teneier fühlten sich an wie Tischtennisb?lle.
Vor dem Aussetzen wurden die Schildkr?ten genau untersucht.

Nach meinem Schildkr?tenabenteuer verabschiedete ich mich von Supri und seiner Familie und fuhr zurück nach Banyuwangi. Dafür hatte Supri für mich eine Mitfahrgelegenheit mit Fu?ballfans organisiert, die auf dem Weg zu einem Spiel ihrer Mannschaft in der Stadt waren. Der Transport bestand aus drei Jeeps mit jeweils 20 oder mehr jungen M?nnern auf der Ladefl?che. Ich hatte mich schon daran gew?hnt, auf Java als Europ?erin viel Aufmerksamkeit zu erregen. Alle paar Meter wurde mir etwas zugerufen, es wurde gehupt oder die Leute strahlten mich einfach nur an. Aber diese drei Transporter voll adrenalingeladener junger Fu?ballfans waren eine ganz andere Dimension! Auf jede meiner ?u?erungen und Bewegungen wurde mit Jubel reagiert. Zum Glück sa? ich im Führerhaus. Auch weil die Fahrer mit über 90 km/h über die Stra?en geheizt sind. Ich habe nur gehofft, dass keiner der Fans von der Ladefl?che fliegt und ich ?rztlich t?tig werden muss.

Halsbrecherische Fahrt zum Fu?ballspiel
Hier gibt es Benzin literweise in Glasflaschen zu kaufen.

In Banyuwangi bei Ben ging es gleich in der ersten Nacht auf den Ijen Vulkan. Der Vulkan ist für seinen s?urehaltigen türkisen Kratersee und die starken Schwefelwasserstoffd?mpfe bekannt. Im Dunkeln kann man blaue Schwefelflammen sehen, deswegen findet die Wanderung nachts statt. Au?erdem bekommt man Gasmasken, um sich vor den ungesunden D?mpfen zu schützen.

Der Ijen mit seinen berühmten Solfataren: 190-240°C hei?e Ausstr?mungen aus Schwefelwasserstoff, Kohlenstoffdioxid und Wasserdampf
Der Gestank nach faulen Eiern war z.T. nur mit Gasmasken auszuhalten.
Blaue Schwefelflammen im Krater des Ijen

Nach knapp 3 h Schlaf wurde ich Mitternacht abgeholt und wir sind im Jeep zum Fu? des Kraters gefahren. Nach einem Instantkaffee wanderten wir schlie?lich um 2 Uhr morgens los. Mitten in der Nacht, kühle Temperaturen unter 10°C und ein steiler Anstieg: der Gunung Ijen ist nichts für Weicheier. In meiner Gruppe waren noch ein superathletisches, sch?nes russisches P?rchen, zwei tschechische Jungs und ein Deutscher. Die Russen sind vornweg geprescht, weil sie die Ersten auf dem Gipfel sein wollten und die tschechischen Jungs waren recht schweigsam, also bin ich mit dem Deutschen gewandert. Am Kraterrand angekommen, kletterten wir 30 min in den Krater hinunter, um die blauen Schwefelflammen zu sehen. Je n?her wir den Schwefeld?mpfen kamen, desto mehr stank es nach faulen Eiern, also mussten wir die letzten Meter mit Gasmaske klettern. Es ist schon beeindruckend die blauen Flammen zu sehen, aber das Erlebnis wird von einem unguten Gefühl begleitet. Man bekommt ein schlechtes Gewissen beim Anblick der Schwefelarbeiter, die (natürlich ohne Gasmasken) inmitten der giftigen D?mpfe den Schwefel mit Eisenstangen abbrechen und dann in 90 kg Bl?cken in Bambusk?rben auf ihren Schultern aus dem Krater hinaus und hinab ins Tal schleppen. Ich beobachtete klapprige alte M?nner, denen unter der Last die Knie zittern und die mühevoll einen Schritt nach dem anderen t?tigten. Und wir bl?den Touristen standen ihnen auf ihrer beschwerlichen Route st?ndig im Weg und fotografierten uns gegenseitig. Die Lebenserwartung der Arbeiter betr?gt nur 50-60 Jahre und sie verdienen mit dieser Tortur 10 Euro am Tag, 20 Euro, wenn sie den Weg zweimal schaffen. Natürlich versuchen sie auch ein bisschen Geld mit den Touristen zu verdienen und verkaufen kleine Schwefelfiguren. Ich habe aus schlechtem Gewissen eine Schildkr?te gekauft, die ich sp?ter Ben schenkte. Nach der Kraterklettertour beobachteten wir vom Gipfel aus den Sonnenaufgang, was sehr sch?n war. Dann ging’s wieder den Berg hinunter und zurück in die Stadt, wo wir gegen 9 Uhr morgens ankamen.

Der Kratersee, auch „gr??tes S?urefass der Welt“ genannt, hat einen pH-Wert unter 0,3 und stark schwankende Temperaturen von 32°C bis 48°C
Posing am dampfenden Abgrund
Die Schwefelarbeiter arbeiten hier unter schwersten k?rperlichen und h?chst giftigen Bedingungen.
Nach einer anstrengenden Wanderung wurden wir mit einem sch?nen Sonnenaufgang belohnt.

Bali

Nach Wochen des Hin- und Herreisens bin ich auf Bali l?nger an einem Ort geblieben und zwar in einem Surfcamp in Canggu. Dort hatte ich eine sehr sch?ne Zeit! Ich habe es total genossen, zwei Wochen lang nicht t?glich zu überlegen, wie ich von A nach B komme oder wo ich schlafe und wie ich den Tag gestalte. Es tat gut, den Gro?teil meiner Energie und Zeit darauf zu verwenden, eine neue Sportart zu lernen. Doch es erfordert viele Mühen und etliche Salzwasserspülungen bis man beim Surfen auf dem Board steht und erfolgreich eine Welle reitet. Als Anf?nger verbringt man die meiste Zeit damit, mit Board und Wellen zu ringen und ins Wasser zu stürzen. Im Surfer-Slang gibt es den Ausdruck wipe out oder washing machine. Das sind Ausdrücke dafür, wenn man vom Board stürzt oder von einer Welle erwischt und wie in einer Waschmaschine in 360°-Umdrehungen durchgewaschen wird. Gerade als Anf?nger paddelt man zu langsam und hat noch kein Gespür dafür, wo die Wellen sich aufbauen und brechen, sodass sie gerne genau über einem zusammenbrechen und im Waschgang zurück an den Strand spülen. Bis man es ins Line up, der glatten Stelle des Meeres hinter der Brechungslinie geschafft hat, ist man schon fix und fertig. Einige Leute sagen, dass es ihnen all die Anstrengungen für die paar Sekunden, die man dann auf dem Board steht, nicht wert sind. Das traf für mich nicht zu. Bei über 30°C Lufttemperatur und 28°C Wassertemperatur machten mir selbst die wipe outs Spa? oder ich genoss es ein paar Minuten auf dem Board sitzend auf die n?chste Welle zu warten und den anderen Surfern zuzuschauen. Es gibt wohl Gegenden auf der Welt, wo im Wasser ein wahrer Krieg um die Wellen herrscht und wo man als Anf?nger nichts zu lachen hat. Das trifft für Bali jedenfalls nicht zu, hier herrscht eine sehr lockere und entspannte Stimmung im Wasser. Unsere Surfguides haben auf jeden Fall einen gro?en Teil zu dieser Stimmung beigetragen. Jeder Versuch unsererseits eine Welle zu nehmen, wurde von Jubel begleitet, der in schallendes Gel?chter umschlug, wenn wir anschlie?end durchgewaschen wurden. Auch lie?en sie keine Gelegenheit aus, mit uns M?dels zu flirten, allerdings auf eine angenehme Art. Die europ?ischen M?nner im Camp waren ganz erstaunt, wie souver?n die Guides dabei waren. Ein Franzose (!) meinte: „Wenn ich so offensiv flirten würde, h?tte ich Angst, eine gescheuert zu bekommen“. Und als ich in einem Gespr?ch mit einem Deutschen, der auf einem ?hnlichen Anf?ngerlevel war wie ich, sagte: „Ich find‘ es voll nett von den Guides, dass die einem das Board ins Wasser tragen, wenn so gro?e Wellen am Strand brechen. Dann muss man nur sich selbst durch die Wellen man?vrieren und nicht noch mit dem Board k?mpfen“, erwidert er: „Waas? Die tragen dein Board ins Wasser? Das hat bei mir noch nie einer gemacht.“ Wir Frauen genossen also den ein oder anderen Vorteil, was sicherlich nicht ganz fair war. Allgemein hatte ich die Erfahrung gemacht, dass es als alleinreisende Frau oft einfacher war als als Mann. Stand ich verloren auf der Stra?e und suchte nach dem Weg, dauerte es nicht lange und jemand kam auf mich zu, um mir zu helfen. Die Sorgen bezüglich meiner Sicherheit, die mir vor meiner Reise von vielen Seiten entgegen gebracht wurden, waren also keinesfalls begründet. Unabh?ngig vom Geschlecht spielt es aber auch eine gro?e Rolle, wie man der Welt begegnet. Offen und mit einem L?cheln auf den Lippen kann man sich sicher sein, Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft zurück zu bekommen.

Unser Hausstrand in Canggu
Fix und fertig, aber glücklich
Zu meinen Hochzeiten hab ich auch grüne Welle bekommen.

Meine Lieblingsbegriffe im Surfer-Slang waren Big Mama; eine Welle, die doppelt so gro? ist wie die anderen Wellen, und turtle roll; eine Technik sich mitsamt Board unter einer Welle hinweg zu drehen. Eine Situation, wie ich sie gerade am Anfang oft erlebt habe, sah folgenderma?en aus. Guide: „Big Mama coming! Paddle out!“ (d.h. über den Kamm der Welle hinweg paddeln, damit sie nicht auf einem bricht). Ich war aber anfangs immer viel zu langsam beim Paddeln, sodass die Big Mama sich be?ngstigend vor mir aufgebaut hat. Guide: „Paddle harder! Faster, faster!“ – Ich: Oh oh, ich schaff’s nicht drüber. – „Turtle roll! Turtle roll!“ – Aaargh, turtle roll schaff‘ ich auch nicht – und dann hab‘ ich mich in letzter Sekunde vom Board geschmissen, mal mit anschlie?ender washing machine, mal ohne. Nachdem meine Gummi?rmchen etwas trainierter waren, habe ich’s aber meist über die Welle geschafft oder manchmal auch eine erfolgreiche turtle roll absolviert. Und wer wei?, irgendwann in der Zukunft kann ich vielleicht sogar auch die Big Mamas nehmen und muss nicht mehr vor ihnen flüchten…

Idylle im Surfcamp
So l?sst sich die Zeit zwischen zwei Surfsessions gut verbringen.
?bernachtet wurde in 4er Schlafs?len.

Die Tage auf Bali haben sich nur um Surfen und Chillen gedreht. Wir sind meist recht früh aufgestanden, denn die erste Surfsession war zwischen 6:00 und 7:30 Uhr. Davor gab es ein paar Cornflakes und nach dem Surfen gegen 11 Uhr ein leckeres Frühstück mit frischem Obst. Mittags haben wir am Pool gechillt und nachmittags ging’s dann auf eine zweite Surfsession. Ich habe meistens beide Sessions mitgemacht, aber nachmittags waren die Wellen in der Regel h?her und wenn’s mir mal zu doll war, sa? ich in der Beach Bar und hab den anderen zugeschaut. Die Abende haben wir entweder zusammen im Camp verbracht, sind zum Sonnenuntergang an das Meer gefahren oder zum Abendessen oder auf einen Drink ausgegangen. Das Chillen im Camp war dabei schon fast stereotypisch kitschig, da oft einer der Guides Gitarre gespielt hat und dazu wurde auf Englisch oder auf Indonesisch gesungen. Manchmal haben wir auch gepokert, wobei für uns G?ste die light Version mit einem kleinen Geldeinsatz von 20.000 IDR (etwas mehr als ein Euro) gespielt wurde. Ich hab quasi nur gezahlt, um mitspielen zu dürfen, denn ich war immer die Erste, die rausgeflogen ist. Spa? gemacht hat es trotzdem. Uns Campg?sten standen mehrere Roller zur freien Verfügung, die einzig wahren Fortbewegungsmittel auf Bali. Au?er einem ?sterreicher haben sich aber alle ums Fahren gedrückt, wenn es darum ging, in die Stadt zu fahren. Mit dem vollen Selbstbewusstsein meiner Rollererfahrung in Laos habe ich mich also bereit erkl?rt einen der Roller zu fahren. Dabei habe ich doch die Bedingungen auf Balis Stra?en untersch?tzt und dass es sich unsicherer f?hrt, wenn noch jemand hinten drauf sitzt. Die erste Herausforderung war das Einreihen auf der Stra?e: es galt auf die kleinste Lücke im vorbeirauschenden Strom zu warten und sich dann mit Vollgas aus dem Stand heraus in das Chaos einzuordnen. Der ?sterreicher bretterte vorneweg und ich gab mein Bestes, hinterher zu kommen, denn ich kannte den Weg nicht und wollte mich und meine Mitfahrerin nicht im Wirrwarr von Canggus Gassen verlieren. Er überholte, schnitt andere Roller und schoss durch viel zu enge Lücken im Verkehr – ich immer hinterher – frei nach dem Motto „Wer abbremst, verliert“. Ein besonderes Hindernis war ein tiefer Krater in der Stra?e, den es mit genau der richtigen Geschwindigkeit zu überwinden galt. Fuhr man zu schnell, riskierte man über den Lenker zu fliegen, fuhr man zu langsam, würde man im Sand stecken bleiben. Mir passierte Zweiteres. Als wir schlie?lich ankamen, nickte mir der ?sterreicher anerkennend zu, als ich mit weichen Knien und Schwei?perlen auf der Stirn vom Roller stieg. Doch mit der Zeit meisterte ich den verrückten Stra?enverkehr von Bali immer souver?ner.

Bali bietet unterschiedliche Wellen an verschiedenen Surfspots.
Hier konnte man Stunden damit verbringen, anderen Surfern zuschauen…
… und dabei eine Kokosnuss oder ein kühles Bier genie?en.

Die G?ste im Surfcamp waren zwischen 19 und 37 Jahre alt und kamen aus den verschiedensten L?ndern. Wir waren viele Deutsche und Schweizer, aber auch Engl?nder, Schweden, Russen, ein Franzose und eine Amerikanerin. Es war echt sch?n, mal wieder eine l?ngere Zeit mit der gleichen Gruppe zu verbringen und ich habe viele tolle Leute kennen gelernt. Das t?glichen Herausforderungen des Surfen schafften eine Gemeinsamkeit und die Gespr?che am Abend drehten sich oft um lustige wipe outs oder darum, welche guten Wellen man gekriegt hat. Au?erdem hatte sich herumgesprochen, dass ich ?rztin bin und so kamen die Leute mit ihren Problemchen zu mir. Ich besorgte also antibiotische Ohrentropfen für Ohrinfektionen oder Antibiotika für Harnwegsinfektionen aus der Apotheke, wobei die Antibiotika alle freiverk?uflich und erstaunlich billig waren. Fast jeder zog sich Wunden an den Fü?en oder Beinen vom Surfboard oder von Korallen zu, die sich von dem warmen Salzwasser h?ufig infizierten. In meiner Rolle als Camp-?rztin gab ich also auch etliche Empfehlungen zur Wundversorgung und verteilte antiseptische L?sungen.

Sonnenuntergang in Uluwatu
Zusammen mit den omnipr?senten Makaken…
… konnte man hier den richtig guten Surfern zuschauen.

So sch?n die Zeit im Surfcamp in Canggu auch war, nach 12 Tagen kribbelte es mir in den Fü?en. Ich reiste spontan früher ab, um für einige Tage auf die Nachbarinsel Java zu fahren und mir dort einen Kindheitstraum zu erfüllen: Baby-Schildkr?ten aussetzen.

Borneo II

Masjid Bandaraya Moschee im Sonnenuntergang

Kota Kinabalu – von den Einheimischen auch l?ssig KK genannt – ist die drittgr??te Stadt von Borneo. Sie wurde im Zweiten Weltkrieg von den Japanern besetzt und dann fast vollst?ndig von den Alliierten zerst?rt, dementsprechend unspektakul?r ist die Architektur. Heute ist die Stadt für ihre vielen gro?en Stra?enm?rkte und das riesige Angebot an frischem Fisch bekannt. Hier fiel mir au?erdem – mehr als Kuching – der indische Einfluss auf die malaysische Kultur auf (Inder machen ungef?hr 7% der Bev?lkerung Malaysias aus). Für mich ?u?erte sich der Einfluss vor allem in Roti Canai, was in allen Stra?enrestaurants angeboten wurde. Roti ist in Indien bzw. Südostasien eine allgemeine Bezeichnung für Brot und das malaysische Roti Canai bezeichnet ein Currygericht, das mit einem flachen Roti aufgewischt wird. Sehr lecker, günstig und für meinen Geschmack oft grenzwertig scharf.

Auf dem Stra?enmarkt gibt es alles zu kaufen, was das Herz begehrt: frisches Gemüse…
… Berge von Krabben und Hummern…
… und eine bunte Vielfalt an Fischen, inklusive Papageienfische und Rochen

Kota Kinabalu ist ein guter Ausgangspunkt für Ausflüge in die umgebende Natur, vor allem in den Kinabalu Nationalpark mit dem Mount Kinabalu (mit 4.093 m der h?chste Berg Südostasiens) und den Tunuk Abdul Rahman Meerespark mit hübschen Inseln zum Schnorcheln und Tauchen. Nach einigen Tagen im Urwald hat es mich erst einmal zum Chillen und Schnorcheln auf die Inseln gezogen. Dafür zog ich zusammen mit einer ebenfalls alleinreisenden Polin los. Am Bootsanleger angekommen waren wir umzingelt von Massen aufgeregter, dr?ngelnder Chinesen in orangen Rettungswesten. Um den Chinesenmassen zu entgehen, haben wir uns für die beiden kleineren und weniger touristisch erschlosseneren Inseln Pulau Sapi und Pulau Mamutik entschieden und, wie erwartet, sind alle Chinesen bei der gr??ten Insel Pulau Manukan von Bord gerammelt. Wir verbrachten einen sch?nen Tag mit Schnorcheln, wobei uns ein einheimischer Rettungsschwimmer die besten Schnorchelspots zeigte. Traurigerweise fanden wir am Strand und zwischen den Korallen viel Plastikmüll. Wir haben beim Schnorcheln aufgelesen, was wir tragen konnten, doch das diente sicherlich vor allem unserem eigenen Gewissen und l?st nicht das eigentliche Problem. Das besteht n?mlich in den hunderttausenden Tonnen Plastikmüll, die westliche L?nder – oft über nicht-zugelassene H?ndler – zum Recycling nach Südostasien exportieren, u. a. nach Malaysia. Von diesem Müll wird vieles nicht recycelt, sondern landet einfach in der Natur. Für mich war das eine neue Erkenntnis. Der Westen sollte also aufh?ren die Nase über Asiens Müllproblem zu rümpfen, denn wir sind zu einem gro?en Teil mit daran schuld. Wie Malaysias Umweltministerin sagte „Wir sind nicht die Müllhalde der ganzen Welt“.

Tunuk Abdul Rahman Meerespark, Plastikmüll im Paradies

Zwei Tage lang war ich mit einer Gruppe aus einem Deutschen, einem Schweden, einem Engl?nder und einer Bulgarin unterwegs. Ein Ausflug führte uns in den Kinabalu Nationalpark. Wegen der H?he war es dort mit ca. 20° C etwas kühler. Die Vegetation war ganz nett, aber hat mich nach dem Bako und Gunung Mulu Nationalpark nicht vom Hocker gehauen. Besonders erinnerungswürdig war die Fahrt auf der Ladefl?che eines Pick-up. Nach einer anstrengenden Wanderung bergauf meinte der Schwede: „Eigentlich w?r es ganz cool, jetzt auf einem Pick-up wieder runterzufahren“. Durchweg Europ?er haben wir nicht ganz daran geglaubt, dass es klappt, aber wir fragten den n?chstbesten Pick-up Fahrer und der meinte ohne zu z?gern: „Sure, get on!“.

Mitfahrgelegenheit auf der Ladefl?che eines Pick-ups

Von Kota Kinabalu fuhr ich 6 h mit dem Bus nach Sandakan, wo ich eine Nacht blieb und am n?chsten Tag nach Sepilok weiterreiste. Hier ist ein zweites Orang-Utan Rehabilitation Centre, wo ich endlich Orang-Utans gesehen habe. In der nursery, dem Kindergarten, lernen die kleinen Orang-Utans, wie man klettert, ein Nest baut oder Früchte sammelt. Hier h?tte ich Stunden damit verbringen k?nnen, den Kleinen beim Toben und Spielen zuzugucken. Total sü? und wirklich erstaunlich, wie menschlich diese Primaten in ihrer Mimik und Gestik wirkten. Das Abendessen an diesem Tag war auch ein kleines Highlight. Eine Holl?nderin meinte, ein Restaurant namens Mama Wati’s habe gute Bewertungen bei TripAdvisor. Wir machten uns also zu Fu? auf den Weg und w?ren an der als Restaurant dienenden Wellblechhütte beinahe vorbeigelaufen. Die Ein-Raum-Hütte diente Mama Wati als Küche, Speisesaal und Wohnraum in einem. Man durfte nicht so genau in die Ecken schauen und das Besteck haben wir unauff?llig unter dem Tisch mit etwas Wasser abgespült. Aber das Essen war reichhaltig, sehr lecker und Mama Wati sehr herzlich.

Orang-Utans: mit ihren langen Armen und kurzen Beinen k?nnen sie sehr gut klettern
?lteres M?nnchen mit stark ausgepr?gten Wangenwülsten
Bei Mama Wati zuhause
Sie hat jedes Essen einzeln zubereitet, dementsprechend lange hat es gedauert

Meine letzte Station auf Borneo war der Kinabantang River. Hier habe ich 3 Tage in einer sehr einfachen Dschungel Lodge verbracht. In diesen 3 Tagen gingen wir auf zwei Flusssafaris am frühen Morgen, zwei Flusssafaris am sp?ten Nachmittag, (theoretisch) zwei Nachtwanderungen und eine Tageswanderung. Auf den Flusssafaris sind wir jeweils 2h mit dem Boot den Fluss rauf bzw. runter gefahren und konnten am Flussufer viele Tiere beobachten: Nasenaffen, Makaken, Krokodile, Warane und verschiedene V?gel. Die Nachtwanderung hat meine Ekeltoleranz ganz sch?n ausgereizt. Wir sind mit Gummistiefeln und Blutegelgamaschen an den Beinen im Dunkeln durch kn?chelhohen Schlamm im Urwald gewatet, waren st?ndig von einem Schwarm Moskitos umgeben und ab und zu ist im Lichtkegel der Taschenlampe des Guides eine fette Spinne oder ein Skorpion aufgetaucht. Als ich dann nach der Wanderung einen Blutegel am meinem Fu? entdeckte (wie auch immer der durch den Gummistiefel und die Socken gekommen war), beschloss ich die zweite Nachtwanderung ausfallen zu lassen. Eine Kanadierin mit Spinnenphobie meinte vorher, dass eine Wanderung durch den n?chtlichen Regenwald ihren pers?nlichen Albtraum darstellen würde. ?ber diese Bemerkung habe ich noch gelacht, aber nach der Wanderung konnte ich sie gut nachvollziehen.

Flusssafari auf dem Kinabantang River
Makaken aus der Ferne
Bunte Nashornv?gel
Eine noch verrücktere Art Nashornvogel

Borneo I

Ausgangspunkt meiner Borneoreise war das malaysische Kuching im Westen der Insel. Borneo ist zwischen drei L?ndern aufgeteilt: Malaysia, Indonesien und dem kleinen und sehr reichen Sultanat Brunei. Nach Gr?nland und Neuguinea ist Borneo die drittgr??te Insel der Welt und beherbergt aufgrund ihrer starken Isolation einige besondere Tier- und Pflanzenarten. Au?erdem gelten die Regenw?lder als ?lteste und artenreichste der Erde. Einer der Gründe, warum ich nach Borneo reiste, waren die freilebenden Orang-Utans, die es nur noch auf Borneo und dem indonesischen Sumatra gibt.

Ausblick über den dichten Regenwald im Bako Nationalpark

Erster Stopp war also die Stadt Kuching. „Kuching“ bedeutet auf malaysisch „Katze“ und dementsprechend findet man überall in der Stadt (ziemlich kitschige) Katzenstatuen. Unvorbereitet wie ich war, war mir nicht bewusst, dass Malaysia muslimisch ist – erster Hinweis dafür war ein Gebet zu Allah im Flugzeug vor dem Start in Kuala Lumpur. Der Islam wird in Malaysia aber sehr moderat gelebt. Im Alltag erkennt man es eigentlich nur daran, dass die Frauen Kopftücher tragen. Aber sie arbeiten in allen Berufen und reden aufgeschlossen und selbstbewusst mit Ausl?nderinnen wie mir. Der Stadtbummel durch Kuching war sehr interessant. Eine solch bunte Mischung aus Religionen, Kulturen und Architekturstilen hatte ich vorher so nie gesehen. Neben bunten britischen Kolonialbauten fanden sich H?user im chinesischen Baustil, Moscheen, hochmoderne Einkaufszentren und dazwischen überall Katzen. Ungef?hr ein Viertel der Bev?lkerung Malaysias sind Chinesen, deswegen war die ganze Stadt für das chinesische Neujahrsfest Anfang Februar geschmückt. Im Foodcourt des Einkaufszentrums hab ich mir mein geliebtes malaysisches Frühstück geg?nnt, wie ich es aus Singapur kannte: Kopi peng (Eiskaffee mit supersü?er Kondensmilch) und ein half-boiled egg (ein noch halb-rohes flüssiges Ei mit Sojaso?e). Sehr sehr lecker!

Der Fluss Sarawak mit dem Parlamentsgeb?ude
?berall Katzen und rote Lampions in Vorbereitung auf das chinesische Neujahrfest
Ein ungewohnter Anblick in Südostasien: eine gro?e Moschee

Das komische Gefühl, allein zu reisen, hat sich schnell gelegt. Gleich am ersten Morgen hab ich im Hostel eine nette Australierin kennengelernt. Die ist zwar leider schon am n?chsten Tag abgereist, konnte mir aber nach ihrer 3-w?chigen Borneoreise gute Tipps geben. Am gleichen Abend hab ich dann eine Deutsche kennengelernt, die seit 1,5 Jahren um die Welt reist und dabei 5h am Tag online für eine Werbeagentur arbeitet. Mit ihr habe ich die n?chsten Tage im Semenggoh Wildlife Centre und im Bako Nationalpark verbracht.

Das Semenggoh Wildlife Centre ist ein Rehabilitationszentrum für verwaiste oder aus der Gefangenschaft gerettete Orang-Utans. Sie werden für das Leben in der Wildnis geschult und dann ausgewildert. Zweimal am Tag gibt eine Fütterung, bei denen man die Chance hat, einen Blick auf die Tiere zu erhaschen. Im Januar war aber fruiting season, also die Saison, in der es viele Früchte im Regenwald gibt. Demzufolge haben die Orang-Utans genug Futter im Wald und kommen nicht unbedingt zur Fütterung. So war es auch bei uns. Wir haben eine Stunde gewartet, aber kein Orang-Utan hat sich blicken lassen. Das war zwar schade, aber immerhin hei?t es, dass die Rehabilitation erfolgreich war. Also gut für die Orang-Utans!

Abenteuerliche Bootsfahrt zum Bako Nationalpark
Ankunft im Park

Der Bako Nationalpark war sehr beeindruckend! Er liegt auf einer Halbinsel und ist nur per Boot über das Meer erreichbar. Die Boote fahren stets bei Flut raus, da sonst die Gefahr besteht, dass man auf einer Sandbank stecken bleibt – was uns auf der Rückfahrt passiert ist. Die Bootsfahrt auf dem Hinweg war rasant: mit jaulendem Au?enbordmotor stürzte sich das kleine Holzb?tchen in die Wellen und wurde ?fter mal steil nach oben geschleudert, um dann ein tiefes Loch hinter der Welle zu fallen. Ich konnte mir ein paar aufgeregte Jauchzer nicht verkneifen und war zum ersten Mal froh, die in Asien obligatorische Rettungsweste zu tragen. Im Park gibt es viele verschiedene Wanderwege, die man alleine erkunden kann. Dabei erlebt man erstaunlich unterschiedliche Vegetationen: mal geht’s am Strand entlang, mal durch dichten Regenwald, mal klettert man über Wurzeln, Steine oder Felsen oder man wandert durch Mangrovenw?lder oder Sümpfe. Aufgrund der hei?en Temperaturen und der hohen Luftfeuchtigkeit schwitzt man dabei literweise. In den 2 Tagen in Bako waren meine Haare im Nacken durchgehend nass. Der Nationalpark ist für seine vielen Nasenaffen bekannt, die es nur auf Borneo gibt, und welche wir w?hrend der Wanderungen oft ersp?ht haben. Au?erdem begegneten uns viele andere Affenarten, u.a. Silberne Haubenlanguren (mit quietsch-orangen Babys – total sü?!), und einige Bartschweine. Auf vorherigen Asienreisen hatte ich gelernt, Makaken zu fürchten, weil gerade die M?nnchen sehr aggressiv sein k?nnen. Im Bako Nationalpark gibt es viele dieser l?stigen Affen und sie sind überall. Vor allem beim Essen wird man ausdrücklich vor ihnen gewarnt, weil sie sich gerne auf die Tische stürzen und das Essen klauen. Einmal wurde es beim Mittagessen brenzlig, als sich ein gr??erer Makake von der Seite anschlich. Er war nur noch einen halben Meter entfernt und hatte schon zum Sprung angesetzt, als wir ihn endlich bemerkten. Auf unser erschrockenes Quietschen hin kam ein mit einem Stock bewaffneter Franzose angesprungen und verjagte den Makaken heroisch. Er hatte sich die Verteidigung des Essens zur Aufgabe gemacht und auf seinen Einsatz gewartet. Wir verbrachten eine Nacht in einem spartanischen Bungalow im Nationalpark und nahmen an einer Nachtwanderung teil. Die war echt toll! Die Ger?uschkulisse im Dschungel ist nachts noch viel lauter als tagsüber und als wir alle unsere Kopflampen ausgemacht haben, leuchtete der Waldboden vor fluoreszierenden Pilzen. Und natürlich gab es wieder viele Tiere zu sehen: eine Grüne Buschviper, einen Malaien-Gleitflieger, einen Meninting-Eisvogel, (viel zu viele und zu gro?e) Spinnen, extrem laute und dabei erstaunlich kleine Fr?sche, Geckos in allen Farben und als St?cker getarnte Stabinsekten.

Steilküsten am Südchinesischem Meer
Dichtes Grün im Regenwald
Schlammige Wege mit gro?en tückischen Wurzeln
Silberner Haubenlangur
Nasenaffe
Bartschwein mit Jungen vor unserem Bungalow

Als N?chstes ging es für mich in den Gunung Mulu Nationalpark. Dieser liegt weiter im Osten von Borneo und ist leider nur per Propellerflugzeug von Miri oder Kuching zu erreichen. Soviel zu meinem Vorhaben, diese Flugzeuge in Asien zu meiden. Am Gate in Kuching wurde mir etwas mulmig zumute, als ich ganze 8 Passagiere z?hlte. Aber zum Glück bestiegen wir dann eine normal „gro?e“ Propellermaschine. Gunung Mulu ist wirklich so, wie man sich Borneo vorstellt! Tiefster Urwald. Schon der Anflug auf den wahrscheinlich kleinsten Flughafen der Welt war echt cool. Ich kam mir vor, als würden wir im Jurassic Park landen und hielt aus dem Flugzeug Ausschau nach dem brüllendem T-Rex. Vom Flughafen musste ich dann nur 100 m die einzige Stra?e entlang zum Hostel laufen, das aus einem gro?en Schlafsaal mit 10 Betten und einem Freiluftbad bestand. Aber wie in Asien üblich war alles sehr sauber und die Besitzerin hat jeden Morgen ein frisches Frühstück zubereitet. Konsequent habe ich mit viel Einfallsreichtum mein Moskitonetz über meinem Bett drapiert, was mich immer direkt als well organized German entlarvte… Aber als ?rztin war ich ziemlich paranoid, was Malaria anging. Ich erinnerte mich noch an eine Mikrobiologievorlesung, in der der Dozent erkl?rte, dass es auf Borneo eine H?ufung vom Malariaerregern gibt, die ursprünglich nur Makaken befielen, aber nun auch zunehmend den Menschen. Schon wieder diese bl?den Makaken! Aber in meiner Malaria-freien H?hle unter dem Moskitonetz konnte ich immer friedlich schlafen.

Anflug auf Jurassic Park
Auf dem Weg zum Hostel
Hier gibt es Dschungelger?usche beim Z?hneputzen

Gunung Mulu ist für seine riesigen, teilweise unerforschten H?hlensysteme bekannt, die man in geführten Touren erkunden kann. Für mich am beeindruckendsten war die Deer Cave, der zweitgr??te H?hlengang der Welt (der gr??te ist in Vietnam). Hier leben ca. 3 Millionen Flederm?use, die wie ein schwarzer Teppich überall an der H?hlendecke kleben. Schon am Eingang zur H?hle hat man den Guano- (Fledermauskot) Gestank in der Nase und in der H?hle kann man aufgrund des stechenden Schwefelgestankes zum Teil kaum atmen. Jeden Tag gegen 17.00 Uhr kann man mit etwas Glück den bat exodus beobachten, den Moment, wenn Millionen Flederm?use die H?hle verlassen, um auf Insektenjagd zu gehen. Wir hatten das Glück und es sah echt toll aus! Meine zweite Lieblingsh?hle war die Clearwater Cave, in deren Tiefe ein Fluss rauscht und vor deren Eingang ein türkisblauer natürlicher Pool liegt. Neben den geführten walking tours kann man auch adventure tours machen, in denen man mit Helm und Spezialschuhen durch die dunklen Ecken der H?hlen klettert und durch Flüsse schwimmt. Es gibt verschiedene Schwierigkeitsstufen – beginner, intermediate und advanced. Ich habe zwei amerikanische Jungs kennengelernt, die professionelle H?hlenkletterer sind und die wollten mich auf eine intermediate Tour mitnehmen. Aber ich hatte Bedenken, dass ich das k?rperlich nicht bew?ltigen k?nnen würde und sah schon vor meinem inneren Auge, wie mich die Jungs wie einen nassen Sack über irgendwelche Felsbrocken hieven müssten und habe abgelehnt. Und ehrlich gesagt hatte ich auch Schiss vor den Blutegeln und anderem Getier im H?hlenwasser. Tja, die Mikrobiologievorlesungen über unangenehme Sü?wasserparasiten in den Regenw?ldern Asiens und Südamerikas haben mich da sicherlich etwas ?ngstlich gemacht. Im Nachhinein habe ich mich dann etwas ge?rgert, weil die Fotos echt beeindruckend aussahen und die Jungs meinten, dass ich es locker geschafft h?tte. Trotzdem – der Gunung Mulu Nationalpark war definitiv eines meiner Reise-Highlights!

Zur Deer Cave musste man 1h durch den Regenwald wandern
Die H?hlen wurden erst 1961 in den Tiefen des Regenwaldes entdeckt
Bat Exodus: Millionen Flederm?use brechen zur Jagd auf
In den Tiefen der (stinkenden) Deer Cave mit Fledermausteppich an der Decke
Beeindruckende Karststeinformationen
Durch ein Loch in der H?hlenwand f?llt warmes Sonnenlicht ein
Erfrischendes Bad im türkis-grünem klaren Wasser im Regenwald